Nachdem der Grand Prix d’Horlogerie de Genève (GPHG) schon bei seiner Einführung im 2001 den Fokus auf uhrmacherische Exzellenz gelegt hat, überrascht es nicht, dass die primär auf Zuverlässigkeit bedachte Gattung der Taucheruhr in den letzten zwei Jahrzehnten grundsätzlich einen schweren Stand gegen die Haute Horlogerie-Konkurrenz aus Genf hatte (oder dass 2009 eine damals CHF 550’000.00 teure Taucheruhr von Richard Mille als erst zweite Uhr mit Taucherlünette in der Geschichte des GPHG mit einer Trophäe ausgezeichnet worden ist). Die Einführung einer dedizierten „Diver’s Watch“ Kategorie im Jahr 2019 war somit ein Schritt in die richtige Richtung, der kommerziell ungemein wichtigen Uhrenkategorie endlich auch in Genf mehr Gewicht zu verleihen.
„Der GPHG 2023 hat durch die Aufgabe der Kategorie durchaus das Potential, erstmals seit 2017 wieder ohne eine einzige ausgezeichnete Taucheruhr über die Bühne zu gehen.“
Ein Schritt, der nun nach vier Jahren bedauerlicherweise wieder rückgängig gemacht wurde. Das Resultat: eine in der ehemaligen „Diver’s Watch“ Kategorie hervorragend aufgehobene Doxa Army mit Sellita SW200-1 tritt am Abend des 9. Novembers 2023 bspw. gegen eine Chopard Alpine Eagle Cadence 8HF mit dem Hoch-Frequenz-Werk Cal. 01.12-C in der „Sports Watch“ Kategorie an. Oder gegen die zwanzigmal teurere Sportuhr der Grönefeld-Brüder mit Hand-Finissage. – Äpfel und Birnen in Reinkultur.

Nicht minder herausfordernd wird es bei den Einreichungen von Tudor: Kein anderer Hersteller hat in den letzten 22 Jahren mehr Preise für seine Taucheruhren (namentlich die Black Bay- und Pelagos-Modelle) gekriegt – aktuell gehen 7 von 15 ausgezeichneten Taucheruhren auf das Konto von Tudor. Die Genfer Marke ist heuer mit zwei Uhren im Rennen, der neuen Black Bay in der Kategorie „Petite Aiguille“ und der Pelagos 39 in der reanimierten „Sports Watch“ Kategorie. Beide müssten im 2023 objektiv betrachtet einen doppelt schweren Stand haben: erstens sind die Modelle allesamt Deklinationen von bereits in der Vergangenheit ausgezeichneten Uhren, zweitens ist die Konkurrenz mit der neuen Kategorisierung selbst für Tudor nicht zu unterschätzen. Die Frage ist nun, ob die erstmals als Master Chronometer zertifizierte Black Bay in der Kategorie „Petit Aiguille“ einen Preis gewinnt, oder die Jury der bislang von Erfolg verwöhnten Marke aus dem Rolex-Konzern in diesem Jahr eine Abfuhr erteilt.

Historisch betrachtet haben Tudor (7), Breitling und Seiko (je 2) die meisten Auszeichnungen für eine Uhr mit Drehring erhalten, und insgesamt haben folgende 15 Taucheruhren seit Lancierung des GPHG im Jahr 2001 eine Trophäe gekriegt (overall führt Audemars Piguet mit 15 Trophäen vor vor Piaget und Van Cleef & Arpels mit je 12):
Jahr | Kategorie | Marke | Modell |
2004 | Sports Watch | Panerai | Luminor Submersible 2500M (PAM194) |
2009 | Sports Watch | Richard Mille | Montre de Plongée (RM025) |
2013 | Revival Prize | Tudor | Black Bay (79220R) |
2015 | Sports Watch | Tudor | Pelagos (25600TB) |
2016 | Sports Watch | Eberhard & Co | Scafograf 300 (41034.01) |
2016 | Petite Aiguille | Tudor | Heritage Black Bay Bronze (79250BM) |
2018 | Sports Watch | Seiko | Prospex 1968 Diver’s Re-Creation SLA025 |
2019 | Diver’s Watch | Seiko | Prospex LX Line Diver SNR029 |
2019 | Challenge | Tudor | Black Bay P01 (M70150-001) |
2020 | Diver’s Watch | Breitling | Superocean Automatic 48 Boutique Edition ( V17369241L1S2) |
2020 | Petite Aiguille | Breitling | Superocean Heritage ’57 Limited Edition (A103702A1C1A1) |
2020 | Challenge | Tudor | Black Bay 58 (79030B) |
2021 | Diver’s Watch | Louis Vuitton | Tambour Street Diver Skyline Blue (QBB172) |
2021 | Petite Aiguille | Tudor | Black Bay Ceramic (M79210CNU-0001) |
2022 | Diver’s Watch | Tudor | Pelagos FXD (25707B/21) |
Nebst den bereits erwähnten Uhren von Doxa und Tudor befindet sich heuer noch die Seiko 1968 Diver’s Modern Re-interpretation GMT (Kategorie „Challenge“) auf der Shortlist des GPHG, mit zwei Auszeichnungen neben Breitling die zweiterfolgreichste Uhrenmarke am GPHG, wenn es einzig um Taucheruhren geht:




Update: Die Preisverleihung fand am Donnerstag-Abend, 9. November 2023 in Genf statt, das Resultat kann hier nachgelesen werden: Link
Und auch hier gilt der Vollständigkeit halber: der GPHG als wichtigste Award-Show der Uhrenindustrie basiert auf kostenpflichtigen Einreichungen durch die Marken selbst, deckt dadurch also per se nicht die gesamte Industrie ab (Rolex und Omega reichen bspw. beide nicht ein). Zudem ist der Verfasser Mitglied der GPHG Academy, denen die „fundamental mission of proposing the eligible watch models – in parallel with the traditional brand entries – and taking part in the various votes to determine the winners.“ zukommt.