Swiss Army Diver

Für einen relativ kurzen Zeitraum unterhielt die Schweizer Armee eine Elitetruppe fürs Tauchen. Ausgerüstet waren die Schweizer Tauchschwimmer allesamt mit der 1967 eingeführten Doxa Sub 300T (Ref. 11899.4), die damit zur einzigen, offiziell eingesetzten mechanischen Taucheruhr der Schweizer Armee wurde. Hier ist ihre Geschichte:

Am 14. Juli 1969 rückten 48 junge Männer auf dem Waffenplatz Brugg zur 118-tägigen Genie-Rekrutenschule 235 (von fr. génie = militärisches Ingenieurwesen) ein, die eine etwas andere militärische Karriere anstrebten als die restlichen Rekruten der Sommer-RS dieses Jahres. Für 25 von ihnen ging der Plan auf, sie sollten die ersten Mitglieder der neuen Tauchschwimmer-Einheit der modernen Schweizer Armee werden. Der damals verantwortliche Instruktions-Offizier Major Kurt Peter an einer Pressevorführung in Brugg am 11. September 1969: „In der Genie-Rekrutenschule werden in diesem Jahr zum ersten Mal Tauchschwimmer ausgebildet. Im Gegensatz zum bekannteren Begriff ‚Froschmann‘ fördern wir, nebst der Kampfausbildung, vor allem die technische Ausbildung. In diesem Sinn wird in einem ersten Teil der Rekrutenschule von jedem nochmals das Lebensretter-Brevet erworben, nachher lehren wir Sprengen, Verminen, Tauchen im Fluss und im stehenden Gewässer, und den Abschluss der Rekrutenschule bilden Einsatzübungen in Zusammenarbeit mit anderen Truppen.“ Passend dazu wurde auch ein eigenes Ambulanz-Fahrzeug mit Druckkammer angeschafft.

Die Schweizer Armee hatte 1966 mit Studien zum Aufbau und Einsatz einer solchen Truppe begonnen, dem vorausgegangen war ein Manöver der Armee mit Polizeitauchern im Jahr 1964. In einem Antrag an den Bundesrat hinsichtlich des Bundesratsbeschlusses vom 30. Oktober 1968 wird erwähnt, dass „die Aufstellung der Stabskp der Genieregimenter auf den 1.1.70 beschlossen“ wurde „und damit gleichzeitig die in den neuen Stabskp der Genie Rgt 1 – 4 vorgesehenen Tauchschwimmerzüge.“ Im selben Schreiben wurde der Truppe auch beschieden, „ähnlich den Piloten als Elitetruppen“ ausgebildet zu werden.

Diese Doxa Sub 300T wurde 1970 einem Tauchschwimmer der Schweizer Armee zugeteilt. Das abgebildete Modell verfügt unter anderem über ein Zifferblatt mit Synchron-Logo (Doxa gehörte zeitweise, wie Cyma und Ernest Borel, zur Synchron-Gruppe) und eine Austauschlünette mit Fuss-Skala (ursprünglich Meter).

Die anschliessenden jährlichen Wiederholungskurse (WK) waren eine Woche länger als bei regulären Soldaten, zudem konnten die Tauchschwimmer ihre gesamte Ausrüstung nach Hause nehmen, um zwischen den WKs in Tauchclubs weiter zu trainieren. Dazu gehörte auch die Sub 300T Professional von Doxa, die jedem Tauchschwimmer als Teil seiner persönlichen Tauchausrüstung von der „Eidgenössischen Zeughaus- und Waffenplatzverwaltung“ überreicht worden war. Interessanterweise wurden die schlicht als „Tauchuhr mit Band“ geführten Sub 300T Professional kontinuierlich über mehrere Jahre eingekauft, wodurch sich auch mehrere Unterschiede bei Zifferblatt und Gehäuseboden (mit und ohne Synchron-Logo respektive Segelschiff-Gravur) sowie Lieferumfang feststellen lassen. Allen gemeinsam waren die Dekompressions-Lünette mit Meter-Beschriftung und die fortlaufende, vierstellige Nummer, später mit Schweizerkreuz, die auf dem Gehäuseboden mit dem Kürzel „EMD“ (Eidgenössisches Militärdepartment) angebracht wurde. Vergleicht man nun diese Gravur mit einer militärischen Erkennungsmarke der damaligen Zeit, liegt der Schluss nahe, dass die Schweizer Armee bei Doxa kontinuierlich reguläre Uhren beschafft und anschliessend selbst graviert hat. Um diesen Prozess zu vereinfachen, ging der Hersteller rasch dazu über, Taucheruhren mit planem Boden auszuliefern (schätzungsweise zwei Drittel der Uhren).

Rund 150 Mann waren über einen Zeitraum von zehn Jahren an der Ausbildung und am Einsatz von Tauchschwimmern der Schweizer Armee beteiligt, und entsprechend tief ist auch die Anzahl Uhren, die für die Truppe angeschafft wurden: Paul Brünisholz war von Anfang bis zum Schluss dabei, erst als Rekrut, dann als Korporal und später Instruktor. Dem Thema blieb er weit darüber hinaus treu, er hat die Geschichte der Tauchschwimmer minutiös aufgearbeitet, Bücher geschrieben und mit den Involvierten Kontakt gehalten. Dadurch ist es heute möglich, praktisch jede Uhr ihrem ursprünglichen Träger zuzuordnen, bei etwas mehr als 20 Uhren scheint definitiv ein Verlust vorzuliegen (bekannt ist beispielsweise, dass mindestens eine Uhr im Vierwaldstättersee, eine andere im Thunersee und eine im Bielersee verloren ging).

Die Taucheruhren wurden, wie unschwer zu erkennen ist, während ihrer Dienstzeit (1968 bis 1979) und auch anschliessend im Zivilleben nicht geschont.

Verlor ein Tauchschimmer seine Uhr während der Dienstzeit, wurde ihm eine Ersatzuhr zur Verfügung gestellt. Wurde er einer anderen Einheit zugeteilt, wurde seine Doxa einem anderen Tauchschwimmer zugewiesen. Etwa fünfzig Taucher teilten sich dadurch mehrere Uhren, ein paar wenige Uhren wurden im Laufe ihrer Karriere von bis zu drei Tauchern maximal genutzt. Interessantes Detail: die individuelle, fortlaufende Nummer der Uhr war jeweils identisch mit der Nummer bspw. des Presslufttanks des Soldaten.

Diese im Jahr 2012 fotografierte Version einer EMD-Taucheruhr von Doxa verfügt noch über die korrekte Lünette mit Meter-Skala, das Synchron-Logo ist nicht auf dem Zifferblatt zu finden.

Insgesamt scheinen die Sub 300T Professional Uhren zwischen 1968 und 1975 ausgegeben worden zu sein (die erste ging an Major Peter), wobei bei Abschluss des Militärdienstes die Möglichkeit bestand, die Uhr für 30 Franken zu kaufen. Dass davon nicht alle Tauchschwimmer Gebrauch machten, zeigt das Schicksal einer Uhr, die anfangs der 90er-Jahre vom Zeughaus ausgemustert und glücklicherweise von einem Mitarbeiter vor der Zerstörung bewahrt wurde. Unter dem Strich dürfte aber die Mehrheit der Uhren bei den ehemaligen Tauchschwimmern verblieben sein, von denen manche auch noch Jahrzehnte nach ihrer Dienstzeit die Uhr fürs Tauchen einsetzten.

Namentlich erwähnt und abgebildet ist die bis 300 Meter wasserdichte Taucheruhr von Doxa auf Seite 7 des damaligen Reglements zum „Einsatz der Tauchschwimmer“. Dabei kam bereits das typische „Beads of Rice Bracelet“ (BOR) zum Einsatz, das das noch in der ersten Rekrutenschule verwendete Kautschukband ablöste. Paul Brünisholz‘ Uhr (hier mit dem Synchron-Logo gezeigt) ist übrigens auch im Jubiläums-Buch zum 120jährigen Bestehen der Marke abgebildet.

Bei der Verpackung ging Doxa zum Schluss dazu über, ein Etui mit TAZ 83-Tarnmuster zu verwenden (inkl. Schraubenzieher und Bedienungsanleitung). Das dort aufgedruckte Army-Logo legt somit den Schluss nahe, dass die Doxa Sub Army von 1969 (mit demselben Zielscheiben-Motiv auf Boden und Zifferblatt) ein direktes Resultat dieser militärischen Zusammenarbeit war, das auch Zivilisten angeboten werden konnte.

Die um 1973 lancierte Doxa Army (Ref. 11891.4) dürfte ein für den zivilen Markt bestimmtes Nebenprodukt der für das EMD bereitgestellten Uhren gewesen sein.

Unbekannt ist, nach welchen Kriterien die Verantwortlichen damals zu Gunsten der Doxa Sub 300T entschieden hatten; dass indes ein Evaluationsverfahren durchgeführt wurde, beweist die Existenz einer Rolex Submariner (Ref. 5513), die sich damals ebenfalls in der Auswahl befunden hat. Insofern wäre es zum jetzigen Zeitpunkt falsch, nach Gründen für die Wahl einer Uhr mit leuchtend orangem Zifferblatt (Nr. 7268) zu suchen, solange nicht bekannt ist, inwieweit Preis, Verfügbarkeit oder Beschaffenheit eine Rolle gespielt haben (die Doxa kostete zwischen $160.00 und $175.00 in den 70ern). Unbestritten ist dafür, dass die ersten Schweizer „Nageurs de Combat“ gemeinsam mit der Sub 300T ein Stück Schweizer Militärgeschichte geschrieben haben.