Der Star unter den Toren: Seiko Diver’s 200m, Ref. SKZ327
Im Jahr 2010 lancierte Seiko mit der „Stargate“ eine ganze Familie von Taucheruhren, die es gleichzeitig schaffte, zu überraschen ohne dabei ihre Herkunft zu verleugnen. Einmal mehr. Und wer jetzt glaubt, dass eine (weitere) Liebeserklärung an die Adresse von Seiko folgt, der hat nicht – oder zumindest noch nicht – ganz richtig vermutet:
Bei der geographischen Distanz, der gelebten (quasi) Mono-Markenstrategie und der schieren Grösse des Konzerns ist es logisch, dass Seiko praktisch konstant durchs Jahr Uhrenneuheiten auf den Markt wirft, auf die man nicht wirklich vorbereitet sein kann. Und in der Regel gilt bei solchen Neuheiten: Der Anteil bereits verwendeter und damit bekannter Komponenten steigt mit sinkendem Preisniveau, was häufig zu einem partiellen Déjà-vu bei Neulancierungen führt, aber notabene auch ein nachvollziehbarer Grund ist, warum sich die laufend steigende Zahl der Fans überhaupt über dermassen attraktive Preise freuen darf.

Dennoch. Genau diese Freude behindert manchmal auch einen etwas kritischeren, respektive strengeren Blick aufs Produkt. Ein Beispiel gefällig, bevor wir uns auf die „Stargate“ konzentrieren? – So ist beispielsweise bei der in der Seiko 5 Reihe lancierten „5 Fathoms“ (bspw. Ref. SNZH55) die Formensprache ausnahmsweise nicht ganz so eigenständig, was deren Spitzname ja schon andeutet. Damit nicht genug: Die Zeiger sind vergleichsweise günstig ausgefallen und der Gehäuse-Durchmesser von 40 bis 41 mm angesichts des kürzlichen Lancierungsjahres etwas knapp an der unteren Grenze des Zeitgeists, wie auch die Wasserdichtheit von 100 Meter nicht wirklichen Tiefgang beweist. Trotzdem, eine fantastische Uhr, die entsprechend und verdient viele Freunde gefunden hat.
Oder – als zweites Beispiel – die (nach wie vor mehr als empfehlenswerte) „Sumo„: Die Uhr tut sich objektiv betrachtet etwas mit dem Typografie-Mix schwer, die Bandanstösse sind für den Durchmesser einen Touch zu schmal und die Zeiger wirken teilweise wie Fremdkörper. Aber auch hier handelt es sich um eine Uhr, die schnell und nicht nur aufgrund des neuen Werkes mit Stoppsekunde verdient viele Fans gefunden hat.
Wieder andere Seiko-Neuheiten zeugen von inkonsistenter Design-Entwicklung, während nochmals andere einen eingangs erwähnten, etwas zu wilden Komponentenmix aufweisen. – Wohlgemerkt, das alles ändert nichts an der Tatsache, dass man andernorts kaum mehr mechanische Uhr für weniger Geld erhält, und die Freude über das Gesamtpaket so gross wie berechtigt ist, aber sie be- oder verhindert manchmal vielleicht den ganz (und vielleicht auch unverdient zu) kritischen Blick – und die Kreditkarte wird schneller gezückt, als dies in anderen Fällen vielleicht passiert wäre.
Als Resultat: Eine so gekaufte Uhr läuft Gefahr, in absehbarer Zeit zu einer „Dazwischen-Uhr“ zu werden, d.h. sie hält vermutlich weniger lang am Armgelenk durch und wird irgendwann vergessen, oder unbewusst und meist ohne Groll durch eine andere ersetzt. Halb so wild, der Owner’s Pride sollte den Buyer’s Remorse überwiegen.
Dann gibt es aber auch immer wieder Neuheiten von Seiko, die das eigentlich Unmögliche schaffen: Optische Eigenständigkeit und Inhouse-Komponenten, dazu eine erkennbare Evolution einer durchgängigen, typischen Formensprache, eine hohe Praxistauglichkeit wie auch überdurchschnittlich hohe Verarbeitungsqualität aller Bestandteile. Und das zu einem Preis, der sich eigentlich kaum in Relation zu hiesigen Marken setzen lässt. Ausser vielleicht, man möchte ein Krokodillederband genau einer solchen Marke (natürlich ohne Schliesse) zu einem solchen Vergleich antreten lassen.
Aber zurück zum Thema: Die im zweiten Halbjahr 2010 erstmals präsentierte SKZ327 (hier stellvertretend für die weiteren Referenz-Nummern der Familie) ist genau so eine Uhr, die alles richtig macht: Die Gehäuseform ist klar orientiert an der grossen Schwester, der Marinemaster 300, während der asymmetrische, wuchtige Kronenschutz gar das Erbe der legendären 6105 antritt. Die Zeiger übernimmt sie von der Prospex Diver 200m, aber diesmal hundertprozentig passend.

Der schwarze Drehring mit kontrastierender weisser Beschriftung steht relativ weit ab, sitzt aber dennoch gewohnt satt auf dem Gehäuse, und dank dem griffigen Rand und dem für den Spitznamen „Stargate“ verantwortlichen Reiter bei 12 Uhr ist er einfach zu bedienen. Ein dermassen klares, sportliches Zifferblatt, noch dazu ausgewogen trotz Tages- und Datumsanzeige gelöst, ist ebenfalls nicht selbstverständlich, auch wenn es schon öfter bei Seiko umgesetzt worden ist. Dazu gibt’s hochglanzpolierte Gehäuseflächen, die sich – unterbrochen vom satinierten Zwischenstück – ergonomisch um den Arm legen.
Der Schraubboden ist ganz traditionell mit dem Wellensymbol versehen und schon bei mancher Uhr so gesehen worden. Immerhin: der Blick auf das wenig elegante, aber zuverlässige (und gerne verlangte Inhouse-Kaliber) 7S36 bleibt damit verborgen.
Eine weitere Spezialität der Uhr: Die Kronenriffelung wurde mittig mit einem gefärbten Akzent-Streifen durchbrochen, was der Bedienung (Rille) wie auch dem eigenständigen Look (Farbe) hilft. – Entscheidet man sich beispielsweise für die SKZ325, kommen Krone und Minutenzeiger rot akzentuiert, was fürs Tauchen nicht sonderlich hilft, aber eine eher erfrischende Kombination darstellt.
Aber das wirklich spannende Element, das vermutlich hauptsächlich der Lünette und der gesamten Kronenpartie zu verdanken ist: In dieser Kombination entstand etwas Neues, das man von Seiko so noch nicht hatte und man fast schon geneigt ist, von einem zukünftigen Klassiker zu sprechen.
Natürlich ist auch die in Ermangelung eines Namens durch die Community auf „Stargate“ getaufte Uhr nicht perfekt: Die geschwärzte Lünette ist ziemlich exponiert, unvermeidliche Schläge dürften unweigerlich zu Beschädigungen der Beschichtung führen. Der Reiter ist aufgeschraubt und scheint sich bei der einen oder anderen Uhr auch schon mal verabschiedet zu haben. Das Werk, so Inhouse und zuverlässig es auch sein mag, lässt sich weder stoppen noch von Hand aufziehen, noch wird es je mit einer Atomuhr mithalten können.
Aber: Zählt man das alles zusammen, und hängt dann noch ein Preisschild von fast schon lächerlichen 300 Dollar dran, könnte schon der Verdacht aufkommen, dass es sich hier um ein mehr als empfehlenswertes Modell handelt. Oder zumindest um eines, dass seinem zukünftigen Besitzer bedeutend stärker ans Herz wachsen könnte, als das bei „Dazwischen-Uhren“ sonst der Fall ist.
Deshalb gibt’s mit der Stargate eigentlich nur ein Problem: Welche Variante soll man nehmen, und muss man ein schlechtes Gewissen haben, wenn man gleich zwei nimmt?
Technische Daten
Modell: | Seiko Diver’s 200m |
Referenz: | SKZ327 |
Gehäuse: | Stahl, Boden verschraubt |
Krone: | Verschraubt |
Drehring: | geschwärzt, einseitig rastend, 120er-Unterteilung |
Werk: | Seiko Kal. 7S36 mit Wochentags- und Datumsanzeige |
Glas: | Hardlex |
Wasserdichtheit: | 200 m |
Gehäuse-Durchmesser: | ca. 45 mm |
Gehäuse-Höhe: | ca. 14 mm |
Bandanstossbreite: | 22 mm |
Varianten: | Stahlband, geschwärzte und vergoldete Gehäusevarianten, unterschiedliche Zifferblätter (siehe Lauftext) |
Preis (Stand 2013: | ab ca. CHF 300.- bis CHF 500.- (mit z.T. starken Differenzen je nach Händler resp. Einkaufsland |
Varianten
Bislang scheint es von diesem Modell fünf grundsätzliche Versionen zu geben (ungeachtet der unterschiedlichen Metall- und Kautschukbänder), wobei jeweils die Referenz-Nummer – abhängig von Heimmarkt oder Export – um ein K oder J mit 1 oder 2 ergänzt wird (die hier gezeigte Uhr war somit für den japanischen Markt bestimmt):
SKZ323..: Stahlgehäuse, weisses Blatt mit weisser Tages- und Datumsscheibe, silbrige Stahl-Lünette mit schwarzer Schrift, silbrige Stunden- und Minutenzeiger, schwarzer Sekundenzeiger mit roter Spitze, Krone mit rotem Akzent-Streifen; teilweise auch mit schwarz gerahmten Zeigern zu sehen
SKZ325..: Stahlgehäuse, schwarzes Blatt mit schwarzer Tages- und Datumsscheibe, schwarze Lünette mit weisser Schrift, weisser Stunden- und roter Minutenzeiger, schwarzer Sekundenzeiger mit weisser Spitze, Krone mit rotem Akzent-Streifen
SKZ327..: Stahlgehäuse, schwarzes Blatt mit schwarzer Tages- und Datumsscheibe, schwarze Lünette mit weisser Schrift, weisser Stunden- und Minutenzeiger, schwarzer Sekundenzeiger mit weisser Spitze, Krone mit schwarzem Akzent-Streifen
SKZ329..: schwarzes Stahlgehäuse, schwarzes Blatt mit schwarzer Tages- und Datumsscheibe, schwarze Lünette mit weisser Schrift, weisser Stunden- und Minutenzeiger, schwarzer Sekundenzeiger mit weisser Spitze, schwarze Krone mit weissem Akzent-Streifen
SKZ330..: vergoldetes Stahlgehäuse, schwarzes Blatt mit schwarzer Tages- und Datumsscheibe, schwarze Lünette mit weisser Schrift, vergoldeter Stunden- und Minutenzeiger, vergoldeter Sekundenzeiger, schwarze Krone mit weissem Akzent-Streifen
Dieser Artikel wurde erstmals im Jahr 2013 veröffentlicht.
Hallo,
Update:
Inzwischen gibt es die Stargate mit 4R36 = Handaufzug und Sekundenstopp. Wobei mein Favorit die SRP493J1 ist (blaues Zifferblatt).