Schweizer Schildkröte gegen US Devil – die Retro-Taucheruhr von Certina im Vergleich mit der Oceanographer von Bulova.
An der Baselworld 2018 gab’s erfreulicherweise gleich zwei preisgünstigere Taucher Re-Editionen von namhaften Herstellern zu sehen, die Bulova Oceanographer 666 ft / 200 m „Snorkel“ (Ref. 98B320) und die Certina DS PH200M (Ref. C036.407.16.050.00). Beide Uhren basieren auf Modellen aus den Sechziger- und Siebziger-Jahren, beide wurden behutsam in die Gegenwart übernommen, und beide sind seit Herbst 2018 endlich erhältlich.
Während Certina bereits im Jahr 2004 eine Taucheruhr aus der eigenen Vergangenheit reanimiert hatte (dabei aber leider ziemlich weit vom Original abgewichen ist), wählte man fürs 2018 eine etwas weniger extreme Vorfahrin: Die DS PH200M (Ref. 5801 117) aus dem Jahr 1967 kann als eine relativ herkömmlich gestaltete, aber solide Taucheruhr mit 40.5 mm Gehäusedurchmesser betrachtet werden.
Die Re-Edition liegt optisch nahe am ebenfalls bis 200 Meter wasserdichten Original, bringt neu aber 42,8 mm Durchmesser (gemessen vom etwas überstehenden Drehring) und ein Powermatic 80 von ETA mit (Original: Certina Kal. 25-651), der charakteristische Stossring beim Werk ist ebenfalls vorhanden. Preislich liegt die neue DS PH200M mit CHF 695.00 genau 30 Franken unter der Konzernschwester, der eher modern gestalteten Tissot Seastar 1000 (Ref. T120.407.17.041.00) mit dem selben Werk.

Vom anderen Ufer des Atlantiks tauchte in Basel mit der „Snorkel“ von Bulova zeitgleich ein Modell aus dem Jahr 1968 wieder auf (Ref. 714), bei welchem das Gehäuse von 40 auf 44 mm vergrössert und das Kal. 11BLACD durch ein Miyota 821D der Konzern-Mutter Citizen ausgetauscht wurde. Dazu kommt Saphir statt Plexiglas und neuzeitlichere Leuchtmasse in den unveränderten transparenten Indexen. Optisch hielt man sich auch hier sehr nahe an die Vorlage, und der Preis liegt mit US 795.00 theoretisch rund 100 Franken über der Certina (theoretisch, weil Bulova bereits zur Markteinführung 20% Online-Rabatt einräumte und die Certina ausserhalb der Schweiz EUR 695.00 kostet).

Insgesamt sind somit beide Uhren auf einem Preis-Niveau, das man als Budget-freundlich bezeichnen kann. Höchstens Seikos 2016 reanimierte „Turtle“ bietet derzeit vergleichsweise ähnliche Attribute (etablierte Marke, Modell aus den Siebziegern) zu einem spürbar tieferen Preis, aber definitiv ohne dem für diese beiden Modelle typischen Fadenkreuz auf dem Zifferblatt.
Für Certina dürfte die Rechnung dank des verwendeten Hesalitglases, der sehr schlichten Lünetteneinlage aus Aluminium und dem fehlenden Metallband aufgehen, dafür ist die historisch korrekte Bodengravur mit dem typischen Wellenmuster spürbar aufwändiger als bei der Mitbewerberin von Bulova (die aber schon in den Siebzigern nur einen schlichten Deckel hatte).
Bulova hat mit dem Miyota 821D ein robustes, aber weniger innovatives Werk eingeschalt, konnte dafür aber bei der Drehringeinlage, dem Glas und dem Band etwas mehr Gas geben. Zudem verzichtet die Uhr auf eine Herkunftsbezeichnung (das Band stammt bspw. aus China), während die DS PH200M von Certina ein „Swiss Made“ auf dem Zifferblatt trägt.

Bei der Verpackung punktet klar die Certina, obschon die Qualität des schwarzen Koffers meilenweit von einem Peli-Case entfernt ist. Dafür wirkt die Snorkel am Handgelenk mit 44 mm und 15 mm Höhe etwas mehr, während die DS PH200M mit lediglich 13 mm Bauhöhe gut unters Hemd geht.
Insgesamt also zwei auf den ersten Blick ähnliche Uhren, die auf den zweiten Blick nicht weiter voneinander entfernt sein könnten: Wer designtechnisch mehr in den Sechzigern zu Hause ist und die zeitgemässeren 80 Stunden Gangreserve des Powermatic schätzt, kriegt bei Certina eine dezente Taucheruhr mit klassischem Design. Bei Bulova gibt’s dafür mehr spürbare Uhr am Handgelenk, und mehr Siebziger-Jahre Zeitgeist, grösstenteils dank der Glaseinlage im Drehring.

Das vielleicht positivste Fazit der Übung: Offenbar versteht man bei Certina endlich etwas besser, wie man mit der eigenen Geschichte umgehen sollte. Und sollte irgendwann eine Super PH500M oder Super PH1000M neu aufgelegt werden, wäre die eigentliche Konkurrenz zur PH200M im eigenen Haus zu suchen. Bis dahin ermöglichen Bulova und Certina für vergleichsweise wenig Geld eine äusserst angenehme Zeitreise in die goldene Ära der Taucheruhr.
Bilder (Grossansicht nach Klick):











Technische Spezifikationen im Vergleich:
Certina DS PH200M | Bulova Oceanographer 666ft | |
Ref.: | C036.407.16.050.0 | 098B320 |
Masse: | ⌀ 42.8 mm, 13 mm Bauhöhe | ⌀ 44 mm, 15 mm Bauhöhe |
Glas: | Hesalit | Saphir |
Lünette: | Einseitig rastend (60 Klicks) mit Aluminiumeinlage | Einseitig rastend (60 Klicks) mit Glaseinlage |
Gehäuse: | Dreiteiliges Edelstahlgehäuse mit 200 Meter Wasserdichtheit | Dreiteiliges Edelstahlgehäuse mit 200 Meter Wasserdichtheit |
Band: | Lederband mit Dornschliesse, Textilband | Edelstahlband mit Falschiesse und integrierter Tauchverlängerung |
Werk: | Powermatic 80 (ETA C07.111) mit ca. 80 Stunden Gangreserve und 21’600 Halbschwingungen/h | Miyota 821D mit ca. 42 Stunden Gangreserve und 21’600 Halbschwingungen/h |
Garantie: | 24 Monate | 36 Monate |
Box: | Schwarze Plastikbox im Peli-Case-Stil, Überkarton | Braune Kunstlederschachtel, Überkarton |
Jahr: | 2018 | 2018 |
Preis: | CHF 695.00 (ca. € 615.00) | ca. CHF 788.00 (ca. € 698.00 / USD 795.00) |
Dieser Artikel wurde erstmals im Jahr 2018 veröffentlicht. Den Artikel zur Bulova gibt’s hier.