Einstiegsdroge
Es soll ja genügend Zeitgenossen geben, denen es gar nicht teuer genug sein kann. Und denen eine Marke gar nicht genug Prestige bieten kann. All jene sollten jetzt besser nicht weiterlesen.
Wer hingegen bei der Anschaffung seiner (Taucher-)Uhr auf den Preis und die Leistung achten will oder muss und keine Hemmungen vor japanischen Uhren hat, der sollte jetzt vielleicht noch ein bisschen weiterlesen.
Wie mancher Leser spätestens seit diesem Artikel weiss, hat der Betreiber dieser Site keinerlei Schwierigkeiten, ein Erzeugnis aus Japan zu kaufen und dieses (Frevel!) auch noch gerne zu tragen. Im Gegenteil. Die begründete Begeisterung für die unschlagbare Qualität über mehrere Preisklassen hinweg, gepaart mit einer äusserst faszinierenden Geschichte und unglaublichen Innovationskraft sollte weitgehend bekannt sein. Nichtsdestotrotz soll noch einmal darauf hingewiesen sein, dass auch als langjähriger Anhänger von Seiko, Citizen und Co. nach wie vor die andere Hälfte des Herzens den Uhren „Made in Switzerland“ gehört.
Konzentrieren wir uns nun aber auf den Hauptdarsteller dieses Kurzportraits, der Seiko SKX171K. Sie soll als Stellvertreter für eine Uhrenfamilie aus dem Haus Seiko herhalten, die mit dem Jahr 2006 ihr doch schon 10jähriges Bestehen feiern darf, der 007- und 009-Familie. Der Grund, weshalb es punkto Fotostrecke die wenig populäre SKX171K geworden ist: Im Vergleich zu ihrem praktisch baugleichen Schwestermodell, der bedeutend erfolgreicheren SKX007, verfügt dieses Modell zwar über einen weniger typischen Drehring und (u.a.) über eingefasste und aufgesetzte Indexe. Und nach minimal-invasiven Veränderungen (aka Lünetten-Tausch) hin zum finalen Wunschresultat gleicht sie ihrer Schwester fast aufs Haar, ist aber einen Touch eleganter. Dies soll also keinesfalls ein weiterer der unsäglichen „Pimp my irgendwas“ Beiträge werden, selbst wenn die Fangemeinde von Seiko gerne dazu neigt, eine solche als Basismaterial fürs Taucheruhrentuning zu verwenden. Vielmehr soll kurz gezeigt werden, wie viel Qualität man für den Preis von ein bis zwei batteriebetriebenen Schweizer Plastikuhren kriegt (bei entsprechend geplantem Kauf, der UVP liegt in unserer Region bedeutend höher).
Während eine mechanische Einstiegstaucheruhr normalerweise ein eher stiefmütterliches Dasein in der Entwicklungs- und Ausstattungsabteilung fristet, findet man bei dieser, erstmals 1986 eingeführten Gehäuseform (vorerst aber ausschliesslich als Quarz-Modell) gleich zahlreiche bedeutende technologische Details. So ist ist diese Uhr beispielsweise auch ohne Ventil fürs Sättigungstauchen bis 200 Meter geeignet – ein Anspruch, den normalerweise nur bedeutend teurere Modelle für sich behaupten können – und kann auf die Glashalterung der 600-Meter-Taucheruhr Seikos zählen.
Seiko hatte mit der Entwicklung ihrer Bestseller-Familie also nicht etwa Menschen mit limitierten Budgets im Visier, sondern einzig und alleine Menschen, die eine robuste, zuverlässige Taucheruhr suchen. Und das ist gelungen. Die Baureihe bietet nebst fast unüberschaubarer Varianten-Vielfalt eine hohe Ergonomie und Qualität: Eine bequem platzierte, verschraubte Krone mit Kronenschutz, polierte und gebürstete Oberflächen, typische Wellen-Gravur auf dem Deckel, zweisprachige Tages- und Wochentag-Anzeige (den Sonntag jeweils in roter Schriftfarbe), sensationelle Leuchtkraft und eine Haptik, die man sonst nur in oberen Preisregionen findet. Das Werk ist ein Arbeitstier mit wenig Eleganz aber viel durchdachter Finesse, die Ablesbarkeit stets perfekt.
Selbstverständlich gibt’s auch Abstriche zu verzeichnen: So lässt sich das bewährte Werk – typisch Seiko – nicht von Hand aufziehen, der Sekundenzeiger stoppt nicht bei gezogener Krone. Und noch immer gibt es Menschen, die einem Hardlex-Glas merkwürdigerweise nichts abgewinnen können.
Die Leuchtkraft des Firmen-eigenen Entwicklung Lumibrite könnte länger anhalten und über die ästhetischen Vorzüge des Minutenzeigers lässt sich trefflich streiten.
Aber es braucht nicht viel Leidensfähigkeit, um das andrenorts so oft vermisste In-house-Werk schüttelnd in Gang zu bringen. Oder den programmierten Vor- resp. Nachgang einiger Sekunden bei einem per se vor- resp. nachgehenden mechanischen Werk zu akzeptieren. Die Hardlex-Diskussion ist unnötig, die Vor- und Nachteile halten sich die Waage. Und punkto Leuchtkraft wird man mit „kurz aber heftig“ für ein üblicherweise „lang aber schwach“ entschädigt.
Unter dem Strich bleibt eine äusserst wertstabile Taucheruhr, die sämtlichen Anforderungen an eine mechanische Taucheruhr über Jahre gerecht wird. Eine Taucheruhr, die für die Massen entwickelt wurde und entsprechend oft gesehen werden kann. Aber nicht nur, weil sie besonders günstig ist, sondern vor allem, weil sie in jedem Aspekt überzeugt. Und alleine schon die fast nicht überschaubaren Werk-, Zifferblatt, Gehäuse-, Produktionsort-, Band- und Drehring-Varianten dürften jedem Geschmack gerecht werden.
Kurz gesagt: Was will man mehr? – Wann hat man hierzulande schon die Chance, einen absoluten und völlig gerechtfertigten Klassiker mit mechanischem Inhouse-Werk für um die CHF 200.- zu kriegen?
Technische Daten
Modell: Seiko Diver’s 200m
Referenz: SKX171K
Gehäuse: Stahl, Boden verschraubt
Krone: Verschraubt
Drehring: Einseitig rastend, 120er-Unterteilung
Werk: Seiko Kal. 7s26 mit Wochentags- und Datumsanzeige
Glas: Hardlex
Wasserdichtheit: 200m
Gehäuse-Durchmesser: 42mm
Gehäuse-Höhe: 13mm
Bandanstossbreite: 22mm
Varianten: Stahlband
Preis (Stand 2006): ab ca. CHF 200.- (mit z.T. starken Differenzen je nach Einkaufsort, UK bspw. über £200)
Dieser Artikel wurde erstmals im Jahr 2006 veröffentlicht.