Tauchgewicht mit Zeitanzeige
Als Dr. William Beebe, mit dem Omega-Modell „Marine“ ausgestattet, im Jahre 1936 im realen Einsatz den Beweis erbrachte, dass Omega wasserdichte Uhren bis zu einer Tiefe von 14 Meter bauen konnte, ahnte noch niemand, zu welcher aussergewöhnlichen Entwicklung rund dreissig Jahre später der Startschuss fallen sollte: Die Omega Seamaster Professional 600m/2000ft, aufgrund ihrer zu Testzwecken gewählten französischen Umgebung mit dem Spitznamen „Ploprof“ (PLOngeuer PROFessionel) versehen, sollte in fast jeder Beziehung Rekorde brechen: Angefangen beim Preis, der rund doppelt so hoch ausfiel wie bei einer Rolex Submariner, hin zu Grösse, Gewicht und Form ist die Ref. 166.0077 auch heute noch eine Ausnahmeerscheinung. Und sie hat sich als Exot einen festen Platz in der Geschichte der Taucheruhr (inkl. einem temporären Platz im Uhrenmuseum La-Chaux-de-Fonds) mehr als verdient.
Geschichte
Ab 1968 suchte Omega die prestigeträchtige Zusammenarbeit mit dem französischen Tiefsee-Industrie-Unternehmen COMEX (COmpagnie Maritime d’EXpertises). So wurde z.B. während der 8 Tage dauernden Operation JANUS (zur Erkundung des korsischen Golfes von Ajaccio im Jahre 1970, vier Stunden täglicher Einsatz auf dem Meeresgrund, was einem neuen Unterwasser-Daueraufenthalt-Rekord bedeutete) die Seamaster 600 getestet. Schliesslich wurde durch die COMEX (im Auftrag von Elf/Erap) mit einer Ploprof gar der Weltrekord im realen Taucheinsatz auf 253 m gelegt. Und offenbar wurde die Uhr während der Vorbereitung zur Operation JANUS einer simulierten Tauchtiefe von 1370 m ausgesetzt, bei welcher zwar starke Verformungen registriert wurden, die Uhr dem Druck jedoch standhielt. In den Handel gelangte die Ploprof im Jahre 1970, nach vierjähriger Entwicklungszeit, als wahrscheinlich eine der kompromisslosesten Taucheruhren zu dieser Zeit.

Die Verbindung zur COMEX verliert sich ziemlich rasch wieder, eventuell durch die nicht minder enge Zusammenarbeit mit Rolex in bezug auf die Helium-Problematik bei Dekompressionskammern. Diese führte zur Entwicklung des Heliumventils und somit zur Rolex Sea-Dweller (und bei Doxa zur Conquistador); eine für die COMEX bedeutende Entwicklung, welche wohl die folgende exklusive Zusammenarbeit der beiden Unternehmen zu Lasten von Omega auf mehrere Jahre hinaus besiegelt haben dürfte. Obschon: Die Ploprof wäre auch ohne Ventil sicher gewesen, und das American diving research centre Ocean Systems Inc. in Tarrytown, NY, bescheinigte der Ploprof gar die höhere Wasserdichtheit als die eines U-Boots.
Nichtsdestotrotz: An die Stelle der COMEX trat nun eine für dieses Modell bedeutendere Kooperation: Kommandant Jacques-Yves Cousteau setzte die Seamaster 600 bei Experimenten ein, die zeigen sollten, welches die physischen und psychologischen Möglichkeiten des Menschen in Tiefen von 500 m sind. Und so gilt retrospektiv für die an prominenten Botschaftern nicht verlegene Omega: „The choice of Jacques-Yves Cousteau – the Seamaster 600“. (Wobei auch hier nicht verschwiegen darf, dass die ersten Modelle der Blancpain Fifty Fathoms durch eine Gastrolle im 1956 präsentierten Cousteau-Film „Welt des Schweigens“ einen gleichberechtigten Anspruch erheben dürfen und Cousteau in seiner Funktion als Chairman der U.S. Divers Co. unter diesem Absender auch für Taucheruhren von Doxa warb. – Und Fotografien belegen, dass Cousteau selbst eine Sub300T, an deren Vertrieb und Entwicklung das besagte Unternehmen beteiligt war, besessen hatte. Übrigens befand sich im Besitz des legendären Tauchers unter anderem auch ein Chrono von Aquastar, ein Omega Marine Chronometer, eine Omega Seamaster 1000, eine Tudor Sub der französischen Marine sowie eine eher preiswerte digitale Seiko.)
Augenschein

Das, nachdem sich der Besitzer an Form und Grösse gewohnt hat, vielleicht Beeindruckendste an der Ploprof ist für heutige Massstäbe eigentlich nicht mehr beeindruckend: Die Verarbeitungsqualität. Denn während sich bei der Entwicklung von Drehringen in praktisch jeder Preisklasse heute schnell ein zufriedenes, stabiles Handling beobachten lässt, gilt dies noch lange nicht für die ersten Vertreter der ab 1953 eingeführten Form der Taucheruhr mit aussenliegender Skala zur Tauchzeitbemessung; von wackelig bis scheppernd findet sich alles.
Die Ploprof hingegen, mit über 30 Jahren auf dem wörtlich gemeinten Buckel, lässt keine Qualitätseinbussen zu heutigen, Hochpreis-Modellen erkennen. Diese Qualität in Kombination mit dem massiven Gehäuse – nebst aufwendiger weiterer Konstruktionsmerkmale, auf die später noch näher eingegangen wird – ist schlichtweg umwerfend. – Und dürfte ihren Teil dazu beigetragen haben, dass die Ploprof mit rund CHF 795.- VP jenseits des damals verschmerzbaren Preisniveaus sportlicher Uhren endete. Zum Vergleich: Eine Seamaster 300 schlug damals mit rund CHF 380.- zu Buche.
Funktion
Zwei einzigartige Besonderheiten zeichnen die Ploprof aus: Der beidseitig rastende Drehring lässt sich erst dann bewegen, wenn gleichzeitig der rote Knopf gedrückt wird. Und die Krone ist überraschenderweise nicht die eingekerbte Schraube, sondern die quadratische Endplatte. Diese wird mit der Schraube in den monströsen Flankenschutz geschraubt und wird somit nicht nur einiges dichter, sondern auch mehr als wirksam vor Schlägen geschützt. – Es dürfte sich wahrscheinlich um den effektivsten jemals eingesetzten Kronenschutz handeln.

Weiter zu beachten ist die aus Bakelit hergestellte Drehring-Skala, deren Indices komplett aus Leuchtmasse bestehen und in Verbindung mit der Zifferblatt- und Zeiger-Leuchtmasse für umwerfende „Licht-Effekte“ sorgen.
Design
Die Ploprof gilt auch für heutige Massstäbe als vorbildlich: Für eine Sportuhr sollte aus Sicherheits- und Ergonomie-Überlegungen die Krone eigentlich bei der 4 platziert werden, oder wie hier noch besser auf der gegenüberliegenden, sprich geschützten Seite bei der 9. Die Markierung bei der 12 auf dem Drehring besteht wie vorgeschrieben aus Leuchtmasse, ja sogar die gesamte Drehring-Skala wurde mit Leuchtmasse unterlegt. Der dominante Minutenzeiger ist für eine Taucheruhr ideal auffällig, der Sekundenzeiger mit Leuchtmasse gefüllt, die Taucherskala vor unbeabsichtigtem Verstellen effektiv geschützt. Und der Kronenschutz lässt selbst eine Panerai erblassen.
Unsinnig aber verzeihbar ist hingegen die Möglichkeit, den Drehring bei gelöster Arretierung in beide Richtungen zu verstellen.
Aus heutiger Sicht ebenso unsinnig ist das gewählte Material des Drehrings: Es gibt widerstandsfähigere Materialien, wie z.B. die heute verbreiteten Aluminium-Einlagen, als Bakelit. – Und der zu erwartende Mangel an solchen Ersatzteilen dürfte die Suche nach gut erhaltenen Ploprof-Exemplaren ähnlich schwierig gestalten, wie es bei der ab 1965 lancierten Seamaster 300 bereits der Fall ist.
Den Boden ziert übrigens nicht wie gewohnt das Seamaster-Seepferd, sondern wie bei der Seamaster 1000 ein Rillenmuster, das zwischen Haut und Uhrboden eingeschlossenes Wasser schnell ableiten soll.
Varianten
Zifferblatt: Mindestens drei Zifferblattvarianten sind bekannt: Die früheste und vermutlich seltenste Variante, lediglich mit der Bezeichnung „Seamaster“ bei der 6, vermutlich blau sowie ebenso vermutlich mit dem bei der 12 angefügten Logo-Zusatz „Automatic“. Die zweite Zifferblattvariante war blau und höchstwahrscheinlich eine Weiterentwicklung des ersten Zifferblattes; sie verfügte neu über den Zusatz “Professional Seamaster 600” bei der 6, sowie den bei der 12 angefügten Logo-Zusatz „Automatic“. Eine dritte, noch jüngere Zifferblattvariante war tiefblau resp. schon fast schwarz und mit dem Zusatz “Seamaster 600m/2000ft Professional“ bei der 6 versehen, sowie ebenfalls mit dem bei der 12 angefügten Logo-Zusatz „Automatic“. Das selbe Zifferblattdesign übrigens, welches – mit dem natürlich veränderten Zusatz „Seamaster 1000m/3300ft Professional“ – in der 1971 vorgestellten Ref. ST 166.0093 zum Einsatz kam (und teilweise ebenfalls über den identischen Drehring-Einsatz verfügte).
Gehäuse: Als Gehäusevarianten existiert eine vereinzelt auf offiziellen Bildern gezeigte Ploprof mit roter Kronenverschluss-Schraube und zweiter Zifferblattvariante, welche höchstwahrscheinlich nur für promotionelle Zwecke eingesetzt wurde und nie in den Handel gelangte (Anmerkung: Auf die rote Krone wird explizit in der offiziellen Bedienungsanleitung zur Uhr hingewiesen). Dieselbe Variante ist im 1999 erschienen Standardwerk von Gisbert L. Brunner und Christian Pfeiffer-Belli “Wristwatches Armbanduhren Montres-bracelets” (ISBN 3-8290-0660-8, Könemann Verlagsgesellschaft) auf Seite 322 zu sehen. – zusätzlich mit einem seltenen Originalband in roter Farbe. Eine weitere Quelle bezeichnet diese Version mit roter Kronenverschluss-Schraube als Kleinstauflage von 3 Exemplaren, die zur Basler Uhrenmesse gefertigt wurde. Mindestens ein solches Exemplar hat seinen Weg in den Sammlermarkt gefunden. Ebenfalls scheint Omega mit Titangehäusen experimentiert zu haben.
Das Fachmagazin Europastar schrieb dazu im Jahr 1971: „Schon bei 250 Meter Tiefe beträgt der auf eine Uhr ausgeübte Druck etwa 25 kg pro cm2, also ca 1/2 Tonne auf die ganze Uhrfläche. Eine klassische Ausführung könnte unmöglich eine perfekte Abdichtung gewährleisten. Omega-Ingenieure haben deswegen neue Wege eingeschlagen. Das Gehäuse ist aus einem Titanblock geformt. Dieses Metall hat erstaunliche Eigenschaften. Es ist zweimal leichter als Stahl und gegenüber Meerwasser korrosionsfest.“

Ebenfalls existieren an die COMEX gelieferte Prototypen der zweiten Zifferblattvariante, erkennbar an der seitlichen Gravur „COMEX“ (siehe Abbildung) sowie an den Bodengravuren unter dem roten Knopf „PROTOTYPE“ und, unter der Krone mit der exemplarischen Gravur „4-500“. Die Vermutung liegt nahe, die „4“ stehe für die Nummerierung jenes Prototypen und die „500“ für die nicht zu überschreitende Tauchtiefe. Vermutlich dürften nicht mehr als ein Dutzend dieser Uhren hergestellt worden sein, wobei sich mindestens eine im Omega Museum Biel befindet.
Eindeutig ins Reich der Legenden gehört jedoch die Aufteilung in Links- und Rechtshänder-Varianten, welche als vermeintlich authentische Variante von Zeit zu Zeit bei Händlern und Auktionen auftauchen: Bei diesen Modellen wurde entweder auf Kundenwunsch oder versehentlich das Zifferblatt gedreht und die Krone dadurch auf die gewohnte Seite gebracht. Diese Variante entspricht jedoch nicht mehr der von Omega ursprünglich vertriebenen Ploprof. Angemerkt werden sollte jedoch, dass das „Problem“ der gedrehten Gehäuse höchstwahrscheinlich hausgemacht ist: Die technische Dokumentation der Seamaster 600 umfasst eine detaillierte Explosionszeichnung aller Komponenten der Uhr – darunter natürlich auch der Arretierungsknopf. Um den Aufbau dieses Mechanismus‘ zu illustrieren, wurde das Gehäuse mit dem Knopf nach vorne abgebildet, während sich die restlichen Komponenten in der gewohnten Anordnung befinden. Gut möglich, dass sich so mancher Uhrmacher beim Zusammenbau der Uhr voll und ganz auf diese Dokumentation verliess.
Band: Nicht zuletzt tragen/trugen Stahlbänder massgeblich dazu bei, die optisch hart ausgefallen Gehäuse-Kanten zum Band hin abzuschwächen. Und so ist es mehr als verständlich, dass der Wunsch nach Alltagstauglichkeit manchen Besitzer dazu veranlasste, ein zusätzliches Stahlband zu kaufen. Deshalb kann heute punkto Bänder an der Ploprof alles entdeckt werden, was a) das Omega-Logo trägt und b) die erforderliche Bandanstossbreite von 24mm erfüllt. – Im Originalzustand jedoch wurde die für Taucher entwickelte Uhr sinngemäss entweder mit dem gelben oder tiefblauen, resp. fast schwarzen Isofrane-Band (ein gem. Omega-Broschüre „synthetisches Gummi mit hervorragenden chemischen und mechanischen Eigenschaften“) ausgeliefert, oder gemäss Omega ebenfalls mit einem Corfam-Band, welches farblich identisch gewesen sein dürfte. Die attraktivste Kombination stellt aber wahrscheinlich das grossmaschige „Mesh-Stahlband“ (Milanais) dar, welches heute aufgrund einer praktisch nicht existierenden Verfügbarkeit an sich schon für den Preis einer guten mechanischen Uhr gehandelt wird. Die optische Anlehnung an ein Hai-Kettenhemd dürfte den Boom zusätzlich begründet haben.

Als Option zu den Stahl-/Isofrane-Bändern bot Omega auch das sogenannte „OFF-shore Armband für Taucheruhren“ an – eine Kombination aus Mesh-Stahlband und elastischem schwarzem Adiprene-Zwischenstück. Dieses Zwischenstück konnte auch im getragenen Zustand sehr einfach auf unterschiedliche Längen angepasst werden.
Zeiger: Ein paar Modelle verfügen über einen abgeflachten Stundenzeiger, wobei ursprünglich nur spitz zulaufende Stundenzeiger zum Einsatz kamen. Bei den flachen Stundenzeigern handelt es sich um ein nachproduziertes (original) Austausch-Teil, das durch Omega bei Revisionen eingesetzt wurde.
Verpackung
Da schlussendlich der Verkäufer einen grossen Einfluss hat(te), in welcher Box eine Uhr über den Ladentisch wandert(e), sind dementsprechend auch Seamaster 600 in unterschiedlichen Boxen aus der Zeit anzutreffen (z.B. kubische, graue Kunstleder-Klappschachteln mit Gold-Prägungen). Es existiert jedoch auch mindestens eine, speziell für die Seamaster 600 hergestellte Box: Es handelt sich um einen Würfel mit zwei abgerundeten Oberkanten, er besteht aus weissem Plastik, wovon mittig über Deckel und Front ein blaues, transparentes Fenster den Blick auf das Innere frei gibt. Auf dem blauen Fenster (Front) befindet der Prägedruck „OMEGA SEAMASTER 600“, angeführt vom Firmenlogo.
Erbe
Omega hat eindeutig geschafft, was nur ganz wenigen Uhrenherstellern vorbehalten war: Die Herstellung einer voll und ganz für den professionellen Taucher entwickelten Uhr. Selbst die Ernsthaftigkeit, mit welcher dieses Instrument als Kollektions-Höhepunkt getestet und beworben wurde, lässt keinen Zweifel aufkommen, mit welchen Mühen und Bestrebungen die Ploprof in Biel entwickelt wurde. Mit zu grossem Erfolg – der Ploprof wurde eine für heutige und damalige Verhältnisse revolutionäre Form und Funktion, sowie ein mehr als stattlicher Preis mitgegeben, und so fristete sie ein Dasein jenseits aller anderen alltagstauglichen Sportuhren. Aber sie beeinflusste und festigte als eine der wenigen echten „Professionals“ die Taucheruhrenkompetenz von Omega massgeblich: Mit der 1971 lancierten Seamaster 1000 (Ref. ST 166.0093) wurden Drehring, Zifferblatt, Zeiger und Monobloc-Gehäuse (Patent 480680 aus dem Jahre 1967) in etwas weniger exzentrischer Gehäuseform (Flightmaster), herkömmlich verschraubter Krone bei 9 und erhöhter Tauchtiefe (1000 m) übernommen; und sowohl Zeiger- als auch ein leicht verändertes Zifferblatt-Design lebten ein letztes mal in der 1982 lancierten Seamaster 120 (Ref. ST 166.0250) auf.

Der Drehring wurde ein letztes mal 1974 für den Prototypen der Seamaster 1000 Megaquarz eingesetzt, wobei auch hier bei Zifferblatt, Kronenposition und Zeigergestaltung die Einflüsse der Ploprof sichtbar wurden. Und überraschenderweise besannen sich die Designer bei Omega bei der Realisation des Regatta-Chronographen (2002) sowie des SMP 300 Chronographen anlässlich des America’s Cup erneut auf Stil-Elemente der Ploprof.

Das Kronenschutz-Patent 503310 aus dem Jahre 1968 sowie der Drehring-Arretiermechanismus jedoch wurden von Omega aufgrund ihrer Form und Komplexität in der Herstellung nicht weiter verfolgt und sollten einzigartig bleiben (wobei der rote Arretierknopf bei einer eher wenig bekannten automatischen Taucheruhr der italienischen Marke „Squale“ unter dem Modellnamen „Tiger“ kopiert wurde; der Mechanismus war jedoch parallel zur Krone im unteren Bandanstoss-Bereich untergebracht.). Und die Titan-Kompetenz wurde erst nach weiteren Prototypen (z.B. 1982: Seamaster 1000) in der jüngeren Seamaster-Kollektion (z.B. Ref. 2298.80.00) zur Serienreife gebracht. Die Monobloc-Gehäuse wurden ebenfalls (und entgegen anfänglichen Ankündigungen von Omega) nach wenigen diversen Serienmodellen innerhalb der Seamaster-Kollektion wieder zu Gunsten einfach herzustellender und zu wartender Schraubboden-Konstruktionen vernachlässigt. Und es scheint, als hätte man sich in Biel nach rund 1300 m erreichter Tauchtiefe im generell herrschenden Wettstreit nach Tiefenrekorden auch bald wieder auf die etwas alltagstauglicheren Tiefen von 300 m konzentriert.
Wert
Die Ploprof ist eine der wenigen (Omega-)Uhren mit Monobloc-Gehäuse, sie bietet ein revolutionäres Design, einzigartige Funktionen sowie reichlich Legenden und Rekorde. Aufgrund ihres damaligen Zielpublikums ist sie zudem eher selten und darf als echter Meilenstein und berechtigtes Exponat im Museum der Bieler Uhrenherstellerin gelten. – Genügend Gründe also, diese Uhr für den Sammler attraktiv werden zu lassen; und für den Seamaster Professional Sammler zum Pflichtstück. Dennoch ist ihr Gesamtbild für manchen gewöhnungsbedürftig, ihr Preis dementsprechend konjunkturellen Schwankungen unterworfen (sowie einer schwankenden regionalen Beliebtheit, wie z.B. gegenwärtig ein Run auf alte Seamaster-Modelle im asiatischen Raum beobachtet werden kann). Oder um es mit den mehr als passenden Worten einer Omega-Anzeige zur Ploprof zu sagen: „It may not look pretty on the surface, but deep down it’s beautiful.“
So dürfte der interessierte Sammler gerade in wirtschaftlich schwierigen Jahren keine Schwierigkeiten haben, ein „Panikverkauf-Exemplar“ aufzutreiben. Die Erhältlichkeit der Ploprof reiht sich dabei (zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels, 2002) hinter die der 1971 vorgestellten Omega Seamaster 1000m (Ref. ST 166.0093) sowie der Omega Seamaster 120m Chronograph (Ref. ST 176.0004), der ursprünglichen Seamaster 300 ab 1957 (z.B. Ref. ST 165.0014) und vor den diversen Varianten der 1965 lancierten Seamaster 300 (z.B. Ref. ST 165.0024) ein. Durchschnittliche Marktpreise liegen im Jahr 2002 etwa bei U$ 2’500.00 mit Ausnahmen in beiden Richtungen (von U$ 350.00 bis U$ 7’500.00 wurde schon alles gesehen). Zu beobachten ist ein Split in (fast) ungetragene Lagerware und massiv benutzte Uhren von Tauchern – auch hier zeigt sich wieder der Einsatz als echte Taucheruhr resp. Sammlungsstück/Lagerware eindrücklich. Andrerseits bietet die Ploprof genügend Gehäusematerial, um auch miserablen Stücken mit einer Revision zu neuer Schönheit zu verhelfen. – Erst recht, da Omega zu den wenigen Herstellern zählt, der sich der Vintage-Abteilung wirklich rühmen darf.

Zu den gesuchtesten Varianten der Ploprof zählt das bereits erwähnte „Mesh-/Milanais-Stahlband“, welches jedoch oft ohne Verlängerungsstück angeboten wird und dann nur schmalen Handgelenken passt. Weitere Risiken liegen im Zustand des roten Arretier-Knopfs, der auf Bruchstellen und Verfärbungen mehr als anfälligen Bakelit-Drehring-Skala sowie in bekannten Schwierigkeiten des Werks (insbesondere bezüglich Datum-Schnellschaltung), welche eine eingehende Prüfung vor Kauf zwingend notwendig machen.
Dokumentation: Aus der Omega-Faltbroschüre „Was Sie über wasserdichte Uhren wissen sollten“ (vermutlich zwischen 1970 und 1975), dessen Titelseite eine Ploprof ziert:
„Omega und andere Unternehmen von Ruf haben die Kunst, einen Zeitmesser wasserdicht zu bauen, in jahrelanger Forschungsarbeit auf einen Höhepunkt gebracht. Kommandant Cousteau zum Beispiel hat die Seamaster 600 bei Experimenten verwendet, die zeigen sollten, welches die physischen und psychologischen Möglichkeiten des Menschen sind, wenn er in Tiefen von 500 m arbeitet. Bei einer anderen Gelegenheit begleitete die Seamaster 600 drei Taucher, die kürzlich im Golf von Ajaccio auf der Suche nach Öl während acht Tagen 250 m unter Meer lebten und arbeiteten (…) Tauchtests in der Fabrik haben ergeben, dass die Omega 600 bis in Tiefen von 1200 m wasserdicht bleibt. Omega jedoch garantiert ihre Wasserdichtheit nur bis 600 m. Das bedeutet eine Sicherheitsmarge von 100% (…) Die Omega Seamaster 600 (…) beweist übrigens den Erfolg moderner Wasserdichtheitssysteme auf eklatante Weise. Dieser Spezialzeitmesser für Berufstaucher ist hundertmal so luft- und wasserdicht wie ein Raumschiff. Diese bemerkenswerte Tatsache lässt sich auch anders ausdrücken: Würde man sämtliche Luft aus dem Innern einer Seamaster 600 entfernen, so brauchte sie gut tausend Jahre, um wieder einzudringen.“
Übrigens: Die Omega Speedmaster Professional Chronograph (Ref. 145.022) schlug in dieser Broschüre mit CHF 500.- zu Buche, während die Ploprof mit stolzen CHF 700.- für ein nicht ganz gewöhnliches Design nicht gerade ein Schnäppchen war. Oder andersherum: Würde die Ploprof heute noch frei erhältlich sein, sie würde wohl um die CHF 5’000.00 kosten…
Zwei weitere Elemente an dieser Broschüre sind erwähnenswert: Erstens die offenbar nachträglich retouchierte Kronen-Schraube auf dem Titelblatt, welche erneut auf eine ursprünglich rot geplante Produktion schliessen lässt. Zweitens das einzige bislang gefundene Bild einer Ploprof mit gelbem Isofrane-Band.
Und auch das technische Begleitheft von Omega (aus dem Englischen übersetzt) macht klar, um was es ging: „Hauptziel bei der Entwicklung dieser Uhr war es, eine absolut wasserdichte und robuste Taucheruhr für professionelle Taucher und Sportler gleichermassen herzustellen.“
Zwei Inserate aus der damaligen Zeit beschreiben die Uhr folgendermassen:
„It may not look pretty on the surface, but deep down it’s beautiful. We rose to the heights with the Speedmaster, the watch that visited the moon six times on the wrists of the American Astronauts. And now we’ve gone to the opposite extreme with the Seamaster 600, our professional divers’ watch. The Speedmaster functioned perfectly 100 miles up in weightless space; we wanted to make certain the 600 would have the same Omega reliability 2’000 ft. down in heavy water. So first of all, we carved the Seamaster out of one block of stainless steel; no joints behind. Then we gave it a heavy, hardened mineral glass which actually screws in. We gave it a turning elapsed-time bezel, which has its own lock to prevent accidental moving. We gave it an extra-safe, twin-locking crown. We gave it a strap of Isofrane®, one of the toughest underwater materials known to man. Finally, we gave it our most precise self-winding movement.
Then we tested the 600; we submerged it to a simulated depth of more than 2’000 ft. It stood up to the strain. We zoomed it from the bottom of the sea to twice the height of Everest; again and again. It stood up to the strain. The divers of Operation Janus wore the 600 when they spent eight days on the seabed, while setting up a new world deep-sea diving record. The 600 stood up to the strain. Admittedly the 600 is a very special watch; but all Omega watches go through rigorous tests before they leave the factory. They all suffer the seabed-to-Everest torture. They are all tested, individually, inside and out, for waterproofness. They are all guaranteed waterproof to stated depths. They are all so completely waterproof, so completely reliable as to be worthy of the name of Omega.“
Und:
„When you take your life in your hands, you need a good watch on your wrist. For the divers of Operation Janus, who spent eight days on the sea-bed below the Gulf of Ajaccio, there was only one watch: the Omega Seamaster 600, our professional diver’s watch. When NASA was looking for an astronaut’s chronograph, only one production watch passed their stringent tests; the Omega Speedmaster. Since then, the Speedmaster has visited the moon four times, as standard issue for all American astronauts. In fact, for any demanding, dangerous profession or sport, there’s an Omega. Simply because all Omega watches go through factory tests far tougher than they are likely to meet in real life. For instance, all the Omega diving watches are put under pressures equivalent to a jump from the bottom of the sea to twice the height of Mt. Everest. When some sportsman manages this, we’ll have to think again. We also put the 600 through our helium test. Helium, having much smaller molecules, can penetrate where water can’t. So if a watch is proof against helium, it’s proof against just about everything else. This test showed that the 600 is one hundred times as air- and water-tight as the Apollo spacecraft. Finally, as a diving watch must be accurate to the second, we gave the Seamaster 600 our high-frequency, ultra-precise calibre 1000 movement. Because when you are on the sea-bed, you don’t have time on your hands. But you should have it on your wrist.“
Impressionen (Grossansicht nach Klick):
Technische Daten
Hersteller: | Omega SA |
Modelbezeichnung: | Seamaster Professional 600m/2000ft Ref. 166.0077 (teilw. auch 166.077), auch bekannt unter dem Spitznamen „Ploprof“ |
Lancierungsjahr: | 1970 |
Funktionen: | Stunden, Minuten, Sekunden, Datumschnellschaltung |
Drehring: | Bi-direktionaler Drehring zur Tauchzeitmessung, Skala und Nummerierung aus Leuchtmasse |
Werk: | Automatisch, Omega-Kaliber 1002 mit Sekundenstopp und Datumschnellschaltung |
Glas: | Entspiegeltes Mineralglas |
Gehäuse: | Monobloc, Stahl, verschraubte Krone |
Abmessungen: | Durchmesser 44 mm, resp. 54 mm mit Krone, Höhe ~15 mm, Bandanstossbreite 24 mm |
Gewicht: | ~175g mit dem optionalen Stahlband. |
Damaliger Preis: | CHF 795.00 mit Isofrane-Band (in blau, schwarz oder gelb) Anmerkung: Dieser von Omega mitgeteilte Preis wird sich mit grosser Wahrscheinlichkeit auf die letzten produzierten Modelle beziehen; 1972 lag der Preis bei CHF 660.00 resp. CHF 690.00 mit Stahlband. |
Hinweis: Es ist heute (wie bei zahlreichen anderen Uhren auch) praktisch unmöglich, eindeutig verlässliche Daten zur Ploprof zu recherchieren. Dementsprechend finden sich im Internet zahlreiche Artikel zur Ploprof, welche eindeutig falsche Informationen enthalten (z.B. betr. Links-/Rechtshändervarianten). Insofern möchte auch dieser, vermutlich umfangreichere Beitrag nicht den Anspruch auf lückenlose und hieb- und stichfeste Hintergrundinformationen erheben und weist Vermutungen auch durch Einsatz des Konjunktivs aus. Vermutete und naheliegende Rekonstruktionen und Einschätzungen wurden nach bestem Wissen und Gewissen verfasst – wo immer möglich mit Kontrolle durch die Omega SA in Biel.
Dieser Artikel wurde erstmals im Jahr 2002 veröffentlicht.