Zenith Defy Extreme Diver

Trotz der vergleichsweise reichen Erfahrung von Zenith mit dem Thema Taucheruhr, in der jüngeren Vergangenheit waren Uhren für den Wasser- oder Tauchsport in Le Locle eher selten geworden. – Kein Wunder, liegt die Kernkompetenz der Schweizer Uhrenmarke doch vor allem bei Chronographen mit dem berühmten Schnellschwinger-Werk. Mit der Defy Extreme Diver scheint sich das zu ändern:

Die 42,5 mm grosse und bis 600 Meter wasserdichte 95.9600.3620/21.I300 in ihrem Element.

An der Watches and Wonders (9. bis 15. April 2024) sollte die Durststrecke bei der Schweizer Uhrenmarke enden, Zenith stellte innerhalb der Defy-Reihe endlich ein neues Modell mit Drehring vor. Respektive gleich deren zwei, denn mit der Defy Revival A3648 (Ref. 03.A3648.670/21.M3648) gibt’s zeitgleich auch eine 37 mm grosse Re-Edition eines bis 600 Meter wasserdichten Modells aus dem Jahr 1969, das für das kantige Design der Defy Extreme Diver Modell gestanden hat.

Die Defy Revival A3648 (Ref. 03.A3648.670/21.M3648) ist mit einem 37 mm grossen und bis 600 Meter wasserdichen Edelstahlgehäuse ausgestattet und orientiert sich optisch stark am Vorgänger von 1969. Werk ist das Elite mit 50 Stunden Gangreserve, der Preis liegt bei CHF 7’400.00. 

Umgekehrt sorgen die beiden im April 2024 lancierten Modelle mit der Ref. 95.9600.3620/21.I300 (schwarz) und 95.9601.3620/51.I301 (blau) ebenso klar wie erfolgreich für einen modernen Auftritt am Handgelenk (gegen Ende 2024 dann auch die Ref. 95.9600.3620/01.I300 mit silberfarbenem Zifferblatt im Sommer die 97.9600.3620/21.I300 mit sandgestrahltem Titangehäuse und Ende 2025 die „Bioluminescence“ Topper Limited Edition Ref. 95.9602.3620/51.I303). – Dass man als Taucher dennoch nicht bis in eine Tiefe von 600 Meter vorstossen sollte, dürfte trotz sehr optimistischem Werbetext auf der Hand liegen:

„Basierend auf der bahnbrechenden Mechanik ihrer Vorgänger zeichnet sich die Defy Extreme Diver durch ihr markantes Design und ihre beeindruckenden Merkmale aus. Ausgestattet mit dem automatischen El Primero 3620-SC Hochfrequenzkaliber, das eine Gangreserve von 60 Stunden bietet, ist die Defy Extreme Diver ein einzigartiger Zeitmesser in der Welt des Tiefseetauchens. Diese Uhr, die für Profi-Taucher entwickelt wurde und grossen Druckverhältnissen standhält, begleitet Sie in Tiefen bis 600 Meter.“

Zenith

Es dauerte eine Weile, bis ein neuer Stern am Taucheruhren-Himmel entdeckt werden konnte

Fangen wir mit den guten Nachrichten an: abgesehen davon, dass eine Marke wie Zenith erstaunlich lange auf ein Modell für den Unterwassereinsatz verzichtet hat, die Defy Extreme Diver schafft es, dass man die Wartezeit retrospektiv viel versöhnlicher betrachten kann. Zudem führt sie die Designsprache der für die Defy-Reihe typischen „futuristischen Formen und Materialien“ gekonnt weiter, sei es mit der 12kantigen Glas-Armierung oder den dem Chronographen entliehenen, seitlich angeschraubten Elementen zum Schutz der verschraubten (und sehr griffigen) Krone.

Das Zifferblatt mit dem vertieften Sternenmuster – im übertragenen Sinne das Markensymbol von Zenith – ist hier etwas grossmaschiger umgesetzt worden, wie auch die Zeiger und aufgesetzten Indexe nochmals ein ganzes Stück angewachsen sind.

Das Layout ist klassisch mit drei zentralen Zeigern und einem Datumsfenster bei 3 Uhr, beim Gehäusematerial setzt Zenith auf Titan (Grade 5). Die einseitig rastende Lünette ist komplett aus Keramik, vorne und hinten gibt’s Saphirglas, das 42,5 mm grosse Gehäuse ist bis 600 Meter wasserdicht und – zur Betonung des „extremen“ Charakters der Uhr gibt’s auch noch ein automatisches Heliumventil bei 9 Uhr.

Wer sich häufiger in einer Dekompressionskammer befindet, dürfte sich über das automatische Heliumventil bei 9 Uhr freuen.

Der Gehäuse-Aufbau und das Gehäusefinish, gerade für ein Gehäuse aus Titan, ist auf enorm hohem Niveau, beim Werk kommt das El Primero 3620 SC Uhrwerk mit 60 Stunden Gangreserve und 36’000 Halbschwingungen pro Stunde zum Einsatz, die Datumsscheibe ist wahlweise blau, weiss oder schwarz, passend zum Zifferblatt, umgesetzt.

Das hauseigene El Primero 3620 SC besteht aus 218 Teilen und verfügt über „eine paramagnetische Hemmung, deren Hauptbestandteile aus nichtmetallischem Silizium bestehen.“ Ebenfalls zu erkennen: die beiden Drücker zur Entriegelung des Bandes.

Damit nicht genug, die Leuchtmasse ist dreifarbig, wobei die fürs Tauchen primär relevanten Informationen (Drehring-Markierung und Minutenzeiger) in einem Blauton leuchten. Und es hat gleich drei Bänder im Lieferumfang, ein Metall-, ein Kautschuk-Band und ein Textil-Band mit Adaptern (ähnlich der GST Aquatimer), alle drei mit einem praktischen Schnellwechselsystem ausgestattet.

Zenith setzt Super-Luminova (Grad X1) ein. Der Minutenzeiger und die Drehring-Markierung bilden eine Einheit und sind farblich von der grünen und orangen Leuchtmasse abgesetzt.

Unter dem Strich also nicht nur eine der optisch interessanteren Neuheiten des Uhrenjahres 2024, sondern auch ein vergleichsweise kompetitives Paket: Manufaktur-Werk trifft Haute Horlogerie-Finish und eigenständiges Design. Was will man da mehr?

Der charmante Umgang mit der Imperfektion

Luxusuhr hin oder her: Objektiv betrachtet bietet ein aufwändiges Gehäuse-Finish noch keinen funktionalen Vorteil für eine zumindest namentlich fürs „Extreme“ gemachte Taucheruhr, ein kantiges Gehäuse ist sogar automatisch anfälliger für sichtbare Dellen nach Kontakt mit Jacket, Pressluftflasche und Co. Darüber hinaus dürfte eine komplett aus Keramik gefertigte Lünette zwar kratzfest, aber in dieser Umsetzung auch etwas ungewöhnlich stark exponiert sein. – So stark, dass man die Aufzugskrone bspw. fast nicht verschrauben kann, ohne bei der letzten Drehung auch gleich den Ring mit zu bewegen (kein Problem, aber dennoch ungewohnt). Die Leuchtmasse ist im Dunkeln zudem erstaunlich kurzatmig, vor allem auf dem Drehring, und ein Heliumventil bei einem Modell dieser Bauart stellt (wie bei der Ploprof von Omega) eine ärgerliche historische Inkonsequenz dar: die Glasarmierung bei solchen Modellen war in den 60er-Jahren eingeführt worden, um den Anforderungen des Sättigungstauchens gerecht zu werden, ohne eine weitere Öffnung ins Gehäuse bohren zu müssen.

Dass zwei der drei mitgelieferten Bänder mit einer Doppelfaltschliesse ausgestattet worden sind, ist wiederum kein Widerspruch, mit dem (nicht abgebildeten) Durchzugsband steht in der Tat ein für den Taucheinsatz passendes Band parat, das sich dank Schnellwechsel-System auch in wenigen Griffen montieren lässt (aber mit den Adapter-Elementen den Look der Uhr auch stark verändert).

Extrem vielversprechend

Zenith hat mit der Defy Extreme Diver ein mehr als gekonntes Comeback in die strategisch und kommerziell wichtige Unterwasserwelt hingelegt. Die blaue Umsetzung ist dabei etwas frischer und näher an der farbenfrohen Welt des historischen Vorbilds, die schwarze dafür garantiert mit allem kombinierbar. Dank leichtem Titan und kompakten Bandanstössen ist der Tragekomfort hoch, der Auftritt am Arm überzeugt, und man sieht der Uhr an, dass sie etwas kostet. Im Vergleich mit der Konkurrenz ist das Paket in sich attraktiv genug, um über die wenigen funktionalen Schwächen hinwegzusehen, die Uhr büsst aber insgesamt etwas an Glaubwürdigkeit ein, wenn es um die Wahl des Namens „Extreme Diver“ geht. – „Defy Diver“ wäre da etwas souveräner gewesen. Damit zu den Bildern (Grossansicht nach Klick):

Technische Daten Defy Extreme Diver

Hersteller:Zenith
ModellDefy Extreme Diver
Lancierungsjahr:2024
Gehäuse:42,5 mm grosses, 15,5 mm hohes, mehrteiliges Titan-Gehäuse (Grade 5), bis 600 Meter wasserdicht, einseitig drehbare Keramik-Lünette (120 Klicks), verschraubte Krone, Sichtglasboden, automatisches Heliumventil bei 9 Uhr
Werk:El Primero 3620 SC mit 60 Stunden Gangreserve, 36’000 VpH (5 Hz), paramagnetische Hemmung mit Silizium-Komponenten, 218 Einzelteile; Funktion: Stunden, Minuten, Sekunde, Datum
Band:Titan-Armband mit Doppelfaltschliesse, Kautschuk- und einteiliges Durchzugs-Band aus recycelten Fischernetzen (benötigt Adapter), alle mit Schnellwechselsystem
Varianten:Blau (2024): 95.9601.3620/51.I301
Schwarz (2024): 95.9600.3620/21.I300
Silber (2024): 95.9600.3620/01.I300
Shadow (2025): 97.9600.3620/21.I300
Bioluminescence (2025): 95.9602.3620/51.I303 (50 Exemplare)
Preis (2024):CHF 10’900.00 / $11’300.00 / €11,800.00

Zum Vergleich: die doppelt so wasserdichte Sea-Dweller von Rolex (Ref. 126600) kostet mit Edelstahlgehäuse CHF 12’600.00, die bis 6’000 Meter wasserdichte Planet Ocean Ultra Deep (bspw. Ref. 215.30.46.21.03.001) CHF 12’000.00 in Edelstahl, in Titan (Ref. 215.92.46.21.01.001) und ohne Metallband kostet die Uhr CHF 12’900.00. Für eine bis 300 Meter wasserdichte Fifty Fathoms in Titan (und 42,3 mm Durchmesser) ruft Blancpain aktuell CHF 17’800.00 auf (Ref. 5010 12B30 98S), eine ähnlich konfigurierte Bathyscaphe (Ref. 5000 1210 98S) ist 14’000.00. Für eine vergleichbare Taucheruhr mit Schnellschwinger-Werk müsste man entweder auf einen Chronographen mit dem F285 ausweichen (Ref. 5200 1210 98S, CHF 18’200.00), oder die Grand Seiko Diver (Ref. SBGH291, EUR 8’900.00) ins Auge fassen.

In Bewegung gibt’s die Extreme Diver von Zenith hier zu sehen: Link