Hands-On: Blancpain Fifty Fathoms „70th Anniversary Act 2: Tech Gombessa“

Die zweite, im Jubiläumsjahr vorgestellte Neuheit der 1953 lancierten Fifty Fathoms von Blancpain wurde Mitte Februar 2023 mit einem progressiven Design und einer neuen Komplikation in ausgesuchten Boutiquen der Marke vorgestellt: Die offiziell auf den Namen „Fifty Fathoms 70th Anniversary Act 2: Tech Gombessa“ (Ref. 5019 12B30 64A) getaufteTaucheruhr bringt einen zusätzlichen Zeiger aus der Mitte, mit dem sich konstant Intervalle von drei Stunden messen lassen und orientiert sich punkto Design stärker an der X Fathoms von 2011 (Ref. 5018 1230 64A). – Damit wurde auch der Grundstein für eine Leistungs-orientierte Tec Diving-Kollektion gelegt, mit der die bestehende, eher klassische Fifty Fathoms– und Bathyscaphe-Modellfamilie in Zukunft erweitert werden wird.

Der zentrale 3-Stundenzeiger der Tech Gombessa von Blancpain erlaubt die Messung längerer Tauchgänge
Der zentrale Zeiger der „Fifty Fathoms 70th Anniversary Act 2: Tech Gombessa“ (Ref. 5019 12B30 64A) läuft konstant mit und komplettiert alle drei Stunden eine Zifferblatt-Umrundung.

Eine neue Komplikation fürs Tec Diving

Ein herkömmlicher Tauchgang mit einer Druckluftflasche dauert meist nicht länger als eine Stunde, und normale Taucheruhren decken mit dem Drehring deshalb auch nur einen Zeitraum von bis zu 60 Minuten ab. Beim Tauchen mit einem Rebreather werden aber Tauchgänge von zwei bis drei Stunden möglich, womit die „Raison d’être“ der jüngsten Fifty Fathoms von Blancpain auch schon fast erklärt ist: Die Markierung des Keramik-Drehrings der Tech Gombessa geht bis 3 Stunden und wird bei Tauchbeginn nicht auf den Minutenzeiger gestellt, sondern auf den mit weisser Leuchtmasse gefüllten Zeiger. Damit wird farblich auch bereits zwischen regulärer Zeitanzeige (Orange) und der fürs Tauchen relevanten Information (Weiss) unterschieden. Möglich gemacht wird das Ganze durch das neue Inhouse-Kaliber 13P8 mit einer Gangreserve von 120 Stunden. Wie das 1315 misst auch das 13P8 30,6 mm im Durchmesser und 5,65 mm in der Höhe, die Anzahl Bauteile sinkt aber gemäss Blancpain von 227 auf 204 Teile (und hat auch kein Datum). Beide Werke sind wiederum mit einer Silizium-Spirale ausgestattet und auf 4Hz (28’800 Halbschwingungen pro Stunde) getaktet.

Das Zifferblatt der Tech Gombessa ist "absolut schwarz" und damit besonders gut ablesbar.
Zifferblatt mit Tiefeneffekt: Die Indexe sind auch hier aufgesetzt, aber nicht mit Metall eingefasst.

Fürs Zifferblatt wählte Blancpain ein sog. „absolutes Schwarz“, das bis zu 97% des Lichts einfängt und dadurch – in Kombination mit dem entspiegelten Saphirglas – die Ablesbarkeit der Uhr massiv erhöht. Ebenfalls erhöht wird der Kontrast zu den orangen, aufgesetzten Indexen (blau leuchtend im Dunkeln). Für das 47 mm grosse und 14,81 mm hohe Gehäuse wurde Titan Grade 23 gewählt. Dieses „reinste existierende Titan, auch Grade 5 ELI (extra low interstitials, mit ’sehr geringen Einschlüssen‘) genannt,“ zeichnet sich laut Blancpain durch aussergewöhnliche Festigkeit sowie antiallergische Eigenschaften aus und ist vergleichsweise leicht, was bei einem Durchmesser von 47 mm sicher nicht verkehrt ist (ganz zu schweigen von der guten Beständigkeit gegenüber Salzwasser). Kompensiert wird das Ganze durch die nicht vorhandenen Bandanstösse, das Band geht also direkt ins Gehäuse über. Der Nachteil dieser Lösung: Besitzer der Uhr werden bei der Wahl eines Ersatzbandes keine Alternativen auf dem Markt finden.

Die Tech Gombessa ist mit einem manuell bedienbaren Heliumventil bei 10 Uhr ausgestattet.

Damit stellt sich natürlich auch die Frage, für wen eine solche Uhr in Frage kommt: mit einem Listenpreis von CHF 26’300.00 und einer mehr als überschaubaren Produktionskapazität im dreistelligen Bereich wird die Zielgruppe automatisch sehr überschaubar, beschränkt sich aber nicht exklusiv auf vermögende Uhrensammler, die nie einen Fuss ins Wasser setzen werden: Blancpain hat es mit der Fifty Fathoms auf beeindruckende Weise geschafft, auch als Hersteller einer Luxusuhr bei Tauchern glaubwürdig zu bleiben. Und die Schnittmenge zwischen Tauchern und Liebhaber mechanischer Uhren ist in der Realität grösser, als voreingenommene Zeitgenossen vielleicht erwarten würden. Dazu kommt, dass das Tauchen mit Rebreather bereits ziemlich kostenintensiv ist, man also alleine schon für ein Kreislaufgerät schnell bis CHF 8’000.00 investiert, ganz zu schweigen von den jährlichen Kosten für dessen Unterhalt. – Nicht unähnlich ist es übrigens beim Thema Unterwasser-Fotografie: ein gutes Unterwassergehäuse für eine Spiegelreflex-Kamera kostet in der Regel so viel wie die Kamera und das Objektiv selbst, gelegentlich auch mehr.

„Die Tech Gombessa wurde fünf Jahre lang mit größter Sorgfalt von Marc A. Hayek und Laurent Ballesta entwickelt, die beide erfahrene Taucher mit geschlossenen Kreislauftauchgeräten sind.“

Blancpain

Die Tech Gombessa richtet sich also nicht in erster Linie an Freizeittaucher, die einmal im Jahr während des Urlaubs am roten Meer mit Mietausrüstung ins Wasser gehen, sondern eben an Tec Diver, die mit einem ganz anderen Anspruch und Ziel ins Wasser steigen. Und genau hier liegt auch besagte Glaubwürdigkeit von Blancpain: Marc A. Hayek taucht selbst mit Rebreather, er nimmt höchstpersönlich an von der Marke unterstützten Projekten teil (siehe dazu auch den Artikel zur Mokarran), und so manches von Blancpain verwendete Unterwasser-Foto stammt aus 70 Metern Tiefe vom CEO höchstpersönlich. Den anderen Teil steuerte in diesem Fall Laurent Ballesta bei: der studierte Meeresbiologe taucht seit er 13 Jahre alt ist, und ist heute einer der meist publiziertesten Unterwasserfotografen. Beide, Ballesta und Hayek, hatten nicht nur die Idee zu dieser Uhr, sondern diese auch ausgiebig getestet. Und hier liegt vielleicht auch der wesentliche Unterschied zur 50 mm grossen und nicht minder beeindruckenden Deepsea Challenge von Rolex (Ref. 126067) von 2022, die CHF 24’800.00 kostet und mit einem bis 11’000 Meter wasserdichten Titan-Gehäuse (Grad 5) ausgestattet ist: die Sea-Dweller ist ein Statement, die bis 300 Meter wasserdichte Tech Gombessa ist indes von Tauchern für Taucher entwickelt worden, mit dem Ziel, einen realen Nutzwert zu schaffen, der über einen Rekord hinausgeht. Und genau das war ja auch die Ideologie hinter der Ur-Fifty Fathoms von 1953.

Liebe auf den zweiten Blick

Ich selbst konnte die Uhr Mitte Februar in der Blancpain-Boutique in München erstmals sehen und unter nicht ganz optimalen Bedingungen fotografieren. Drei Monate später bot sich überraschend eine zweite Gelegenheit, und damit auch die Chance, die Uhr mit mehr Ruhe zu fotografieren und mit etwas mehr Abstand nochmals eingehender zu behandeln.

Die Tech Gombessa am Handgelenk
Der farbliche Unterschied zwischen der schwarzen Keramik-Lünette und dem ultra-schwarzen Zifferblatt wird hier am Arm schnell sichtbar.

Während mein Herz weiterhin klar für die normale Fifty Fathoms mit 45 mm Durchmesser und für die Bathyscaphe mit 43 mm Durchmesser schlägt, bringt die Tech Gombessa eine nicht ganz unwillkommene Modernität in die Reihe, womit auch die X Fathoms heute besser in die Gesamtkollektion passt. Und – nicht unähnlich der 2013 vorgestellten Bathyscaphe – die Angewöhnungszeit zwischen erster Vorstellung und zweitem Treffen hat auch aus anderer Sicht geholfen, der Uhr nochmals anders zu begegnen: die Tech Gombessa wirkt in der Hand und vor allem am Arm beeindruckend. Viele Details – wie die nicht eingefassten, aufgesetzten Indexe, die Haptik der Krone, der Drehring, die seitliche Kante beim Gehäuse – werden erst bei eingehender Betrachtung wirklich sicht- und erlebbar, und damit steigt nicht nur die Akzeptanz fürs Design, sondern auch die Rechtfertigung für den Preis der Uhr. – Blancpain hat punkto Verarbeitung und Exklusivität hier wirklich in allen Aspekten aus dem Vollen geschöpft. Der Tragekomfort ist – selbst mit 47 mm Durchmesser – hoch, die Uhr wirkt nicht übertrieben am Handgelenk. Dennoch ist der Listenpreis von CHF 26’300.00 nicht mehr weit von einer Bathyscaphe mit Rotgold-Gehäuse und Flyback-Chronograph (Ref. Ref.: 5200 3640 O52B) entfernt, und die Mischung von Historie und Progressivität dürfte vermutlich auch nicht allen gefallen, vielleicht am besten symbolisiert durch die Kombination des traditionellen Fifty Fathoms-Schriftzuges auf dem Zifferblatt mit dem orangen Zusatz „Tech“ darunter.

Fazit: die Fifty Fathoms „70th Anniversary Act 2: Tech Gombessa“ ist eine ebenso sinnvolle wie konsequente Erweiterung der Kollektion, die dem Klassiker nicht nur den Weg in die Zukunft ebnet, sondern einer relevanten Gruppe von Tauchern auch einen wirklichen Mehrwert bietet. Aber auch an Land beweist die mehr als hochwertige Uhr, dass das Design gelungen ist, der Preis, die Komplikation und nicht zuletzt auch die Anzahl produzierter Uhren machen die modernste aller Fifty Fathoms aber automatisch zu einem doch sehr exklusiven Dive Buddy. Interessant dürfte deshalb vor allem sein, was nach X Fathoms und Tech Gombessa als nächstes in dieser Linie kommen wird. Damit zu den Bildern (Grossansicht nach Klick):

Technische Daten Fifty Fathoms „70th Anniversary Act 2: Tech Gombessa“

Hersteller:Blancpain
Modell:Fifty Fathoms „Tech Gombessa“
Lancierungsjahr:2023
Referenz:5019-12B30-64A
Gehäuse:47 mm grosses, bis 300 Meter wasserdichtes Gehäuse aus Titan, Heliumventil bei 9 Uhr, verschraubte Krone, sphärisches Saphirglas, einseitig drehbare Lünette mit 3-Stunden-Skala und Einsatz aus schwarzer Keramik, der zum Zifferblatt hin abgeschrägt und mit Markierungen aus weissem Leuchtstoff mit grüner Emission beschichtet ist. Bandanstösse an der Innenseite des Gehäuse-Mittelteils. Höhe: 14,81 mm
Band:integriertes schwarzes Kautschukarmband mit Dornschliesse und zusätzlicher Verlängerung
Werk:13P8 mit 120 Stunden Gangreserve
Varianten:
Garantie:2 Jahre (3 Jahre bei Kauf in einer Blancpain Boutique)
Preis:CHF 26’300.00 / €28’450.00 / $28’000.00 (2023)

Gombessa

Nicht nur der Name der hier vorgestellten Uhr, auch die anthrazitgraue Schwungmasse des 13P8 weist auf die „Gombessa Expeditions“ hin. Dahinter stehen die von Laurent Ballesta durchgeführten Gombessa-Expeditionen (inspiriert durch den Namen des Quastenflossers), die Blancpain seit 2012 unterstützt. Bisherige Projekte brachten den Meeresbiologen auf die französische Pazifikinsel La Réunion, die Philippinen und nach Polynesien, womit Ballesta wesentlich zu den Aktivitäten des Blancpain Ocean Commitment (BOC) rund um den Globus beiträgt. Gombessa V inspirierte das Team, im Jahr 2019 erstmals das Sättigungstauchen mit einer Tauchstation und das autonome Tauchen mit geschlossenen Kreislaufatemgeräten zu kombinieren (wodurch die mit Schaffung dieser mit einem Heliumventil ausgestatteten Uhr gleich nochmals mehr Sinn macht). Gombessa V wurde, wie frühere Expeditionen Ballestas, u.a. in Form eines Dokumentarfilms 2020 der internationalen Öffentlichkeit präsentiert. Siehe:

Mehr zur Fifty Fathoms „70th Anniversary Act 2: Tech Gombessa“ gibt’s bei Interesse auf der Website des Herstellers. Und die Uhr in Bewegung gibt’s hier auf YouTube zu sehen.

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