Eine der erfreulicheren Nachrichten des Jahres 2020 dürfte (Uhren-bezogen) die Wiedergeburt von Nivada sein. Zwar ist der aktuell registrierte Firmensitz in Chiasso fast 300 km von Grenchen entfernt, dafür sind die neu aufgelegten Uhren erstens sehr nahe an den Vorgängern und zweitens vergleichsweise moderat bepreist. Derzeit sind die beiden Modelle Chronomaster und Antarctic in unterschiedlichen Ausführungen verfügbar, die bis 1’000 Meter wasserdichte Depth Master (Ref. 650) steht aber ebenfalls schon am Start. Damit zum neu aufgelegten Chronograph Aviator Sea Diver:
Nivada Chronomaster: eine Multifunktionsuhr der 60er

Nicht unähnlich der Autavia von TAG Heuer sollte die Chronomaster (Ref. 8222) in den frühen 60er-Jahren ihrem Besitzer eine Vielzahl von Anwendungen erlauben:
„…to read time differences (on the rotating outer scale), as a time-zome indicator, for diving (tested for pressures of up to 10 atmospheres), flying (12-hour counter), sailing (regatta scale) or timing scientific experiments. […] Nivada Chronomaster has more applications than any other watch.“
Nivada Grenchen, Anzeigentext aus 1966
Die aktuelle Ausführung bietet dementsprechend ebenfalls einen Chronographen in Bi-Compax-Ausführung, Tachymeter und eine beidseitig drehbare Lünette mit Aluminiumeinlage. Die Leuchtmasse ist beige, womit zwischen Lünettenbeschriftung und Zeigern unweigerlich ein farblicher Unterschied entsteht (Nivada bietet aber ebenfalls die Option mit weisser Leuchtmasse an). Etwas inkonsequent ist die nicht mit Leuchtmasse belegte, permanente Sekunde bei 9 Uhr. Dafür liegt die Wasserdichtheit des etwas über 38 mm grossen Gehäuses bei 200 Metern (weitere Details siehe unten). Und wer’s gerne etwas flacher hat: Die Handaufzugsversion passt mit 13,75 mm noch etwas besser unters Hemd als die 14,8 mm hohe Automatik-Version.
Fazit: Besonders erfreulich ist der hervorgehobene Text auf dem Zifferblatt, Abstriche müssen dafür bei der Lünette gemacht werden. Unter dem Strich bietet Nivada mit der Chronomaster aber einen mehr als attraktiven Chronographen im Vintage-Design an, der mit CHF 1’755.00 auch preislich mehr als attraktiv ist. Zudem ist das Feld an Chronographen unter 40 mm recht überschaubar, womit der Marke gleich in mehrfacher Sicht das Comeback geglückt sein dürfte.
Damit zu den Bildern (Grossansicht nach Klick):
Anmerkung: Es handelt sich bei der gezeigten Uhr um einen Prototypen, Abweichungen zum Serienmodell sind dementsprechend möglich.
Technische Details
Anbieter: | Nivada Grenchen |
Modell: | Chronomaster Automatic Aviator Sea Diver |
Ref.-Nr.: | 86001A03 |
Gehäuse: | Edelstahlgehäuse (38,3 mm Durchmesser, 14,8 mm Höhe) mit 200 Meter Wasserdichtheit. Zweiseitig drehbare Lünette ohne Rastung, Aluminium-Einlage. Verschraubte Krone und Boden, Saphirglas. |
Werk: | Sellita SW510 BH B |
Band: | Leder mit Dornschliesse |
Lancierungsjahr: | 2020 |
Garantie: | 2 Jahre |
Preis: | CHF 1’755.00 |
Hallo Roger
Gibt es denn die Marke jetzt doppelt? nivada.com, wohl aus China und https://nivadagrenchenofficial.com/.
Wie ist sowas möglich, dass 2 Uhrenfirmen den selben Namen haben?
Gruss und schönes Weekend.
Reto
Hi Reto,
es ist leider nicht das erste Mal, dass sich beim Thema globale Markenregistration ein paar merkwürdige Konstellationen ergeben, und die Recherche-technische Entflechtung ist dementsprechend auch nicht ohne. So wie ich das verstehe, ist die Marke „Nivada since 1926“ um 2018 in Südkorea durch die Youngwoo T&G Corp. registriert worden, die unter der Adresse http://nivada.com/ einen Shop mit aus unserer Sicht eher zweifelhaften Uhren anbietet. Wichtig ist, dass dieser Shop nun m.W. ausschliesslich Uhren der Marke „Nivada since 1926“ verkauft (also nicht „Nivada“). Die Marke „Nivada“ wurde in Südkorea im 1968 übrigens durch die Nivada AG registriert, also der wahrhaftigen damaligen Uhrenfabrik.
Unter https://nivadagrenchenofficial.com/ ist nun die in Chiasso registrierte Nivada Grenchen aktiv. Wir wissen anhand der vorliegenden Website nicht, welche Gesellschaftsform dahinter steht und welches Unternehmen diese Website schlussendlich betreibt und – noch wichtiger – welche Markenrechte („Nivada Grenchen“ oder „Nivada“) sie besitzt. In der Schweiz ist „Nivada“ m.W. von der Timester GmbH im Markenregister eingetragen, das „N Nivada“ indes von der in Mexiko ansässigen Holzer y Cia S.A. de C.V.
Last but not least, „Nivada Grenchen“ wurde 2018 von einem Franzosen namens Maximilien Triquigneaux ins Markenregister eingetragen. Ich vermute, dass hier eine Kombination aus getrennten Prozessen der Besitzverhältnisse der ehemalige Nivada AG und der Markenregistration vorliegt. Ich vermute somit ebenfalls, dass Partei A (Frankreich) mit der Marke „Nivada Grenchen“ einen einfachen Weg gewählt hat, unter dem ehemals berühmten Namen wieder Uhren anzubieten, die allenfalls über eine Gesellschaft unbekannten Namens (eventuell übernimmt die Big Ben SA an der selben Adresse in Chiasso diesen Teil) im Tessin verkauft werden. Partei B hat mit „Nivada since 1926“ mindestens in Südkorea einen ähnlichen Weg gewählt. Wem aber schlussendlich (allenfalls Partei C) die Rechte an der Marke „Nivada“ weltweit gehören, und/oder wer die konkursite Gesellschaft übernommen hat usw., ist nicht so schnell zu eruieren, wie sich das für eine Antwort in einem Kommentarfeld gehören täte (Recherche Marken- und Handelsregister etc.). Aber, die Marke „Nivada“ ist in unterschiedlichen Ländern von unterschiedlichen Teilnehmern registriert, siehe: https://www3.wipo.int/branddb/en/
Lösen liesse sich das Ganze wohl nur, indem sich die Parteien einigen oder verklagen. Beides ist relativ mühsam, und lokale Gerichte schützen meist lokale Unternehmen, womit sich schnell der eine oder andere entmutigen lässt.
Gruss
rr