Delma Quattro: Das Multitalent im Test

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Die Idee, Konsumenten eine Uhr anzubieten, die sich mit wenigen Handgriffen komplett verändern lässt, ist nicht neu: In 1986 stellte bspw. Swatch mit der Pop Swatch eine Uhrenlinie vor, bei der sich das Gehäuse aus der Halterung des Bandes lösen liess und beliebig mit anderen Bändern, Halterungen oder sogar durchs T-Shirt hindurch tragen liess. Bedeutend früher, und zwar im Jahr 1968, stellte Omega die Dynamic vor, die sich „mit Hilfe des Spezialschlüssels“ aus dem Band entfernen liess und man dadurch selbiges „augenblicklich […] durch ein Stahlband oder ein andersfarbiges Corfam Band ersetzen“ konnte – noch früher kam Fortis mit der Flipper. Und die Idee kehrt seitdem in regelmässigen Abständen zurück: Im 2001 stellte die wiederbelebte Marke Japy unter dem Namen „Module 08“ ein Konzept vor, mit dem sich das Innengehäuse einer Uhr ohne Werkzeug mit unterschiedlichen Gehäusen kombinieren liess. Noch extremer die französische Uhrenmarke Hegid, die an der Baselworld 2019 ihr „Capsule“ Konzept vorgestellt hatte, mit dem sich zu Beginn zwei unterschiedliche Innengehäuse (eben die Kapseln) mit unterschiedlichen Aussengehäusen und Bändern konfigurieren liessen, ähnlich der seit 2012 erhältlichen Orca von H2O. Im Prinzip sind sie alle das uhrmacherische Pendant zum Citroën C3 Pluriel von 2003, dessen Idee es war, Kleinwagen, Cabrio, Pick-up und Spider in einem Paket anzubieten.

Bandwechsel ohne Werkzeug

Bedeutend enger fasste Delma den Einsatzbereich der Quattro: Die 44 mm grosse Taucheruhr besteht aus einem bis 500 Meter wasserdichten Gehäuse, das sich wahlweise mit einer Halterung fürs Stahl- oder Kautschukband kombinieren lässt, dadurch muss das Band nicht mit Federstegwerkzeug gewechselt werden.

Als Bonus gibt’s eine Dekompressionstabelle aus Aluminium, auf der sich die Uhr (ohne Band) montieren lässt. Kurz gesagt sieht Delma also das „Rapid Bracelet Exchange System“ vor allem als komfortable Option, zwischen dem variablen Kautschuk- und dem Metallband mit Faltschliesse zu wechseln, und nicht wie Hegid, H2O oder Japy als ein System, um den gesamten Look der Uhr im sprichwörtlichen Handumdrehen zu verändern. Mit Blick auf den Einsatz als Tauchinstrument wäre die Kompatibilität mit einem Navigationsboard sicher die ultimative Ergänzung gewesen (die Ludolph Bremerhaven GmbH hatte bspw. im Jahr 2009 einen solchen Navigationsgeräteträger fix mit einer Sinn Taucheruhr kombiniert), da hier die Zeitmessung eine besondere Gewichtung kriegt.

Das Schnellwechselsystem von Delma basiert auf einem Bajonettverschluss, die Uhr sitzt dabei ziemlich fest in der Halterung (und der Schieber bei 8 Uhr ist gut geschützt).

Aber zurück zur Quattro: Um die Uhr zu lösen, muss der seitliche Schieber bei 8 Uhr nach oben gedrückt werden, das Gehäuse kann dann um eine Stunde im Uhrzeigersinn gedreht werden (der Schieber wandert dabei von 8 auf 9 Uhr). Und zum Befestigen „wird der Hebel auf 9 Uhr positioniert und die Uhr gegen den Uhrzeigersinn gedreht, während sie leicht nach unten gedrückt wird, bis sie einrastet.“ Auch wenn die Krone bei 3 Uhr bei diesen Schritten nie in die Nähe der Bandanstösse kommt, Delma hat sie komplett versenkt und mit einer Kerbe versehen, „so dass sie einfach mit dem massgeschneiderten Werkzeug, einer Münze oder von Hand durch Entfernen des Uhrenkopfes aufgeschraubt werden kann.“ Einziger Haken: während sich die Krone relativ einfach mit dem Fingernagel aufschrauben lässt, ganz gezogen werden kann sie erst dann, wenn das Innengehäuse nicht in einer Halterung ist.

Mit anderen Worten: Das System selbst ist bestechend einfach und mutet sicher an. Gleichzeitig ist es aber auch fast etwas zu viel des Guten: geht es nämlich einzig darum, den Bandwechsel zwischen Stahl und Kautschuk zu erleichtern, gäbe es mittlerweile einige Schnellwechselsysteme für Bänder, die ebenfalls recht einfach funktionieren, aber weniger aufwändig sind. Geht es indes um die Einsatzvielfalt der Uhr, mutet die Dekompressionstabelle wiederum etwas enttäuschend an. – Kein Taucher wird sich von seiner CHF 1’990.00 teuren Armbanduhr trennen, um sie auf eine Tafel mit Halteschnur zu montieren. Umgekehrt wäre ein Navigationsboard im Paket natürlich zu teuer und die Zielgruppe damit auf ein Minimum reduziert worden. Aber wer weiss, vielleicht erweitert Delma das System ja in der Zukunft noch um weitere Halterungen, womit der Einsatzbereich der Uhr (oder Look) stärker beeinflusst werden könnten.

Interessanterweise hat sie genau das aber kaum nötig: die Quattro bringt das Flair einer TAG Heuer Super Professional 1000m (Lünette) und das einer IWC Ocean 2000 (rundes Gehäuse) gekonnt und in einer überraschend eigenständigen, neuen Form ans Handgelenk. Die Zeiger wirken dabei einen Hauch zu dünn, aber der Gesamtauftritt – vor allem am schwarzen Kautschukband – überzeugt, sie dürfte damit die technisch und optisch bislang spannendste Taucheruhr der Schweizer Uhrenmarke sein. Laut Delma geht die Quattro übrigens auf eine Uhr aus den 80er-Jahren zurück: „Die ursprüngliche Delma Quattro wurde in den frühen 80er Jahren mit einem Quarzwerk auf den Markt gebracht und gewann bei Tauchern vor allem in den USA durch Delmas Präsenz bei Tauchshows in Florida an Popularität.“

Das aktuelle Modell ist in drei Zifferblattfarben und mit zwei unterschiedlichen Lünetten (mit schwarzer DLC-Lünette oder Edelstahl-Inlay) in einer limitierten Gesamtauflage von 999 Stück erhältlich, zur Wahl stehen ein schwarzes, blaues oder orangefarbenes Zifferblatt. Im Lieferumfang enthalten ist die Gehäusehalterung mit Stahlband, die Gehäusehalterung mit Kautschukband und die Metallplatte mit der Dekotabelle (verpackt in einer beeindruckend grossen Box). Als Werk setzt Delma auf das automatische Sellita SW 200-1 mit 38 Stunden Gangreserve, sichtbar dank Glasboden. 

Das Ganze in Bewegung:

Wie schon erwähnt: die Delma Quattro sticht in mehrfacher Hinsicht aus der Menge hervor: das Bandwechsel-System ist dabei technisch interessant, schöpft aber vielleicht dessen volles Potential (noch) nicht ganz aus. Zudem ist es immer lobenswert, wenn ein Hersteller die berühmte „extra mile“ geht, um eine Toolwatch noch etwas tooliger werden zu lassen. Gleichzeitig sind Käufer gut beraten, die Taucheruhr nach dem Einsatz im Salzwasser gut zu spülen und reinigen, bevor das Innenteil entfernt oder eingesetzt wird. Unabhängig davon ist die bis 500 Meter wasserdichte Quattro aber auch ganz isoliert betrachtet eine gelungene Uhr – vor allem am schwarzen Kautschukband schafft es Delma, das Flair der 80er-Jahre zurückzubringen, ohne dessen Peinlichkeiten in Erinnerung zu rufen. Mit anderen Worten: mit der Quattro hat Delma definitiv einiges richtig gemacht. Bilder (Grossansicht nach Klick):

Datenblatt

Anbieter:Delma Watch Ltd.
Modell:Quattro
Referenz:41701.744.6.038
Lancierungsjahr:2022
Gehäuse:Bis 500 Meter wasserdichtes Edelstahlgehäuse mit Schraubkrone und verschraubtem Boden mit Sichtglas; Heliumventil bei 9 Uhr, einseitig rastende Lünette (120 Klicks) mit DLC-beschichteter Einlage; Durchmesser: 44 mm; Höhe: 13,7 mm; Länge (Lug to Lug): 50 mm; Gewicht: (mit Edelstahlband) 233 Gramm, mit Kautschukband 141 Gramm, Gehäuse-Container alleine 97 Gramm.
Besonderheit: Der Innenteil des Gehäuses lässt sich dank Bajonett-Verschluss entfernen und auf eine Dekompressionstabelle oder ein Gehäuse mit Kautschukband montieren.
Band:Metallband mit Faltschliesse, Kautschukband mit Dornschliesse
Werk:Sellita SW200 mit 38 Stunden Gangreserve
Limitierung:999 Exemplare (gesamthaft über alle 6 Varianten verteilt)
Varianten:schwarzes Zifferblatt mit grauer Lünette (Ref. 41701.744.6.031), blaues Zifferblatt mit grauer Lünette (Ref. 41701.744.6.041), mit schwarzer Lünette (Ref. 41701.744.6.048), oranges Zifferblatt mit grauer Lünette (Ref. 41701.744.6.151), mit schwarzer Lünette (Ref. 41701.744.6.158)
Preis:CHF 1’990.00

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