Die vor 20 Jahren von Morten Linde und Jorn Werdelin gegründete Uhrenmarke Linde Werdelin setzte sich zum Ziel, eine mechanische Luxus-Uhr mit einem digitalen Modul für den Einsatz in der Höhe und Tiefe zu kombinieren. Im Tauchbereich resultierte daraus im Jahr 2009 die Oktopus-Reihe, resp. im 2008 das aufsteckbare „Sea“ Modul (zu befestigen anhand der Halterungen bei 9 und 3 Uhr), das kurze Zeit später unter dem Namen „Reef“ vermarktet wurde.


Die Herausforderung: das junge Unternehmen hatte mit diesem Ansatz den eigenen Entwicklungs-Aufwand verdoppelt, musste also im digitalen Bereich gegen bedeutend grössere Anbieter wie Garmin, Suunto und Co. antreten, und sich gleichzeitig um die Entwicklung der zahlenmässig ultra-exklusiven Kollektion mechanischer Uhren kümmern (die Limitierungen bewegen sich jeweils im zweistelligen Rahmen). Als Resultat stellte die Marke die Produktion der recht teuren Module bereits im Jahr 2012 wieder ein, nachdem nur etwa jeder zehnte Kunde zur Uhr auch ein digitales Pendant gekauft hatte.
Umgekehrt kann Linde Werdelin damit zu den frühesten Uhrenherstellern gezählt werden, die sich mit dem Thema Smartwatch auseinandergesetzt haben, auch wenn der kommerzielle Erfolg der Huckepack-Lösung nicht im gewünschten Rahmen eingetreten ist. Dazu kommt ein mehr als eigenständiges, modernes Design, sehr frühe Umsetzungen mit sog. Gehäuse-Tattoos, der Einstieg in CPO (2016), Online-Direktverkauf und der vermutlich erste lautstark angekündigte Abgang von der Baselworld aufgrund zu hoher Stand-Kosten (ebenfalls 2016).
2009: Die Geburtsstunde der Oktopus
Linde Werdelin ist seit 2017 ohne Linde unterwegs (der fürs Design zuständige Däne verliess das Unternehmen, um neue Projekte zu verwirklichen) und bietet aktuell drei mechanische Reihen an: die 3-Timer (GMT), Spido (Chronograph) und Oktopus (Taucheruhr), wobei die bis 300 Meter wasserdichten Oktopus-Modelle aktuell keine Umsetzung mehr mit Drehring bieten und zwischen CHF 10’220.00 und 24’415.00 kosten. Das war 2009 noch anders:

Die Oktopus wurde damals als ausgewachsene Taucheruhr konzipiert, inklusive Drehring, Heliumventil und erhöhter Wasserdichtheit von über 1’000 Meter Tiefe. Dank des vergleichsweise flachen 2892 von ETA konnte die Bauhöhe mit 13,5 mm recht moderat gehalten werden, die fehlenden Bandstege resultierten zudem in einer Länge von nur 49 mm. Mit anderen Worten: vor allem die ungewöhnliche Formgebung der Kronenpartie fällt am Handgelenk auf, nicht aber der Durchmesser.




Wie bei allen Linde Werdelin Uhren kann das Band mit den vier auf der Gehäuse-Oberseite angebrachten Schrauben gelöst und gewechselt werden, ein Blick auf die oben abgebildet Uhr (eine auf 88 Stück limitierte Version von 2009 mit lackierter Lünette), warum Linde Werdelin die Schrauben auch separat anbietet: Gebrauchsspuren sind bei dieser Umsetzung unvermeidlich. Umgekehrt sind ziemlich viele Band-Optionen verfügbar, kosten mit mindestens CHF 487.00 (Kautschuk) aber auch recht viel. Apropos Kosten: die hier gezeigte Uhr müsste bei der Lancierung Ende 2009 €6’900.00 gekostet haben und wurde mit einem schwarzen Band geliefert.
„The Oktopus has an integrated helium escape valve at 9 o’clock to release pressure during resurface time, and incorporates a superb bezel mechanism. It has its own in-house designed bold arabic numerals and thicker hands applied with Super LumiNova for enhanced readability underwater.“
Linde Werdelin
Ein Jahr später folgte dann die erste Mondphase- und Tattoo-Version:




Was heute, dreizehn Jahre nach der Lancierung der Oktopus auffällt: Linde Werdelin war der Zeit in mehreren Aspekten voraus, und musste – zum Teil ausgelöst durch externe Faktoren wie der Subprime Mortgage Krise – schon ein paar mal grundsätzlich über die Bücher. Das Design der Uhren ist – mit allen Vor- und Nachteilen – so einzigartig wie modern geblieben, gleichzeitig sind die Preise aber auch ziemlich hoch für eine Marke, die in 20 Jahren knapp 6’000 Uhren verkauft hat. Viel wichtiger aber: es war höchste Zeit, der Oktopus hier endlich mehr Raum zu geben, nachdem sich kürzlich die Chance ergeben hatte, eine der 88 Uhr mit schwarzer Lünette kurz zu fotografieren.
Mehr über Linde Werdelin gibt’s hier auf der Website des Unternehmens: Link