Bremont S2000

Alles richtig gemacht

Die englische Marke Bremont hatte im Jahr 2009 auf Anhieb etwas wirklich Erstaunliches geschafft: Die damals vorgestellte Supermarine S500, gleichsam das erste Taucheruhrenmodell des seit 2007 spürbaren Unternehmens, wirkte einerseits angenehm eigenständig, war andrerseits aber dennoch so klassisch ausgeführt worden, dass man dabei fast das Gefühl kriegen konnte, ein Modell vor sich zu haben, welches schon seit Jahrzehnten am Markt und laufend behutsam gepflegt worden war.

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Bremont S2000 aus dem Jahr 2010 mit schwarzem Kautschukband, 45 mm grossen Gehäuse und einer Wasserdichtheit von 2000 m

Drei Jahre später folgte mit der um 2 mm angewachsenen S2000 ein bedeutend stärker auf Leistung ausgelegtes Modell mit 2000 Meter Wasserdichtheit, und nochmals drei Jahre danach stellte Bremont freundlicherweise eben eines jener Modelle für einen kurzen Test zur Verfügung.

Wichtig zu wissen: inwieweit sich ein solches Modell von einem regulären Produkt unterscheidet, das sämtliche Stufen der Fertigung erfolgreich durchlaufen hat, ist nicht in jedem Fall klar ersichtlich und aufgrund der nach wie vor eher exklusiven Vertriebssituation (noch keine Händler in den deutschsprachigen Ländern Europas) auch nicht ohne Weiteres vor Ort zu vergleichen.

Manchmal handelt es sich um Vorserienmodelle, manchmal auch einfach um Uhren, die die letzte Qualitätskontrolle nicht geschafft haben. Meistens aber haben diese Uhren schon den einen oder anderen Termin hinter sich und verfügen oftmals auch nicht über den selben Lieferumfang (Box, Dokumentation usw.). Noch wichtiger aber: Wer genau hinschaut, entdeckt auf den folgenden Bildern den einen oder anderen Kratzer – und vor allem eine nicht ganz sauber ausgerichtete Tages- und Datumsanzeige bei 3 Uhr. Beides kann somit nicht pauschal mit unsorgfältiger Ausführung begründet werden, und soll somit auch nicht in den folgenden Text einfliessen.

Ready for Take-off

2007 starteten die beiden Brüder Nick und Giles nach 5 Jahren Vorbereitung eine massgeblich von der Fliegerei inspirierte Marke mit entsprechend starken Bezug auf den geografischen Sitz des Unternehmens.

Die Uhren von Bremont stammten selbstverständlich allesamt aus der Schweiz, waren darüber hinaus COSC-geprüft und verfügten schon zu Beginn über den charakteristischen Gehäusemittelteil und den darauf liegenden Element mit den eigenständigen Flanken. To make a long story short: das Unternehmen hat in vergleichsweise kurzer Zeit den Sprung zum ernst zu nehmenden Anbieter geschafft, was einerseits der ausgereiften Designsprache, den hohen Ansprüchen an die Qualität einzelner Komponenten und einem hervorragenden Gespür für die richtigen Partnerschaften und daraus abgeleiteten Stories zu verdanken ist. Oder wie sonst sollte man eine Uhr verstehen (MB I), die nur an Menschen abgegeben wird, die einen Cockpit-Ausstieg via Martin-Baker-Schleudersitz überstanden haben? Eben.

Bremont Supermarine S500 mit blauem Blatt und Drehring (mit Saphirglaseinlage) aus 2009

Im Jahr 2009 wurde mit der bis 500 Meter wasserdichten Supermarine S500 erstmals eine dedizierte Uhr für den Taucheinsatz präsentiert, und auch hier bewies man von Beginn an ein gutes Händchen beim Design und bei der Vermarktung: Eine klassisch orientierte Uhr mit für die Gattung ungewohntem Zeigersatz, die aufgrund DLC-Mittelteil, Saphirglaseinlage und nach oben verrutschter Krone dennoch den Spagat schaffte, zeitgemäss zu wirken. Zahlreiche Kooperationen mit Berufs- und Armeetauchern rundeten das Paket ab.

Noch unübersehbarer wurde die nach dem Wasserflugzeug S6.B von Supermarine benannte Uhr (siehe Abbildung Gehäuseboden) im Jahr 2012: der zwischenzeitlich auf 45 mm angewachsene Durchmesser, rote Elemente auf Zifferblatt, Sekundenzeiger und Drehring sowie ganze 2000 Meter Wasserdichtheit hoben die Reihe nun definitiv auf Augenhöhe mit vergleichsweise etablierteren Uhren, was sich leider auch unübersehbar beim Preis bemerkbar machte. Gleichzeitig wurde bei allen Modellen der Swiss-Made-Aufdruck durch den Standort London ersetzt.

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Gehäuseboden-Gravur der Bremont Supermarine S2000

Mit der Leistungssteigerung einher geht aber auch der grösste Schwachpunkt der S2000: dermassen positioniert, macht die rote Farbe beim funktional wichtigsten Element, dem Leuchtdreieck bei 12 Uhr, absolut keinen Sinn – die Ablesbarkeit unter Wasser ist dadurch definitiv weniger gut gegeben, als beispielsweise bei einem weissen Dreieck auf schwarzem Grund. Optisch verfehlt der Akzent seine Wirkung selbstverständlich nicht und verleiht der Uhr auch die gewünschte sportlichere Note.

Im selben Zug genannt werden muss demzufolge auch die (fehlende) Möglichkeit zur Bandverlängerung, die sich im Alltag ohne Trockentauchanzug ebenfalls nicht bemerkbar machen wird, aber im Umfeld der oben erwähnten Partnerschaften, dem integriertem Heliumventil sowie dem generellen Fokus auf die Nehmerqualitäten der Uhr nicht ganz konsequent erscheint.

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Der massiv gewachsene Gehäusedurchmesser (und die gesteigerte Wasserdichtheit) macht sich optisch in der nach Innen gerutschten Platzierung der Wochentags-/Datumsanzeige bemerkbar

Damit zurück zu den Good News: der Verzicht auf Standardkomponenten, ein spürbares Bekenntnis zur Qualität des eigenen Produktes und eine relativ hohe visuelle Eigenständigkeit verdienen es, noch etwas genauer beleuchtet zu werden. Und wer dachte, die S500 sei lediglich zur S2000 etwas aufgeblasen worden, verkennt den betriebenen Aufwand, der mit gesteigerter Wasserdichtheit und vergrössertem Durchmesser (und Bauhöhe) einher gegangen ist: bis auf Krone, Kronenschutz und Werk dürfte kaum ein Bauteil unverändert geblieben sein, die Proportionen von innerer Zifferblatt-Skala, Sekundenzeiger und Co. sind weiterhin mehr als stimmig. Und der Umstand, dass Bremont kurz vor Lancierung noch von einem Sichtglasboden gesprochen hatte, dann aber auf einen massiven Schraubboden umsattelte, zeigt, dass 2000 Meter mit einem kleineren Gehäuse und Glas einfacher hätten umgesetzt werden können. Die mit einer Saphirglas-Einlage bestückte Lünette des vorliegenden Modells ist dafür relativ griffig, aber im vorliegenden Fall etwas schwergängig mit 120 Klicks zu bedienen.

Case Study

Bremont gibt an, das mehrteilige Edelstahlgehäuse zusätzlich bei gewissen Uhren zu härten; in diesem Fall könnte sich das aber auf den Kronenschutz beschränken.

Das schwarze Gehäusemittelteil, welches sich unter den elegant geschwungenen Flanken befindet und einen guten Kontrast zum klassischen Look liefert, ist davon abgesehen mit einer DL-Beschichtung (DLC) versehen, das leicht gewölbte Saphirglas beidseitig entspiegelt. Der aufgeschraubte, seitliche Kronenschutz wirkt farblich wie Titan, entsprechende Hinweise dazu lassen sich jedoch nicht finden.

Beim Werk verwendet Bremont ein als Chronometer zertifiziertes ETA 2836-2, das mindestens um eine neue Schwungmasse ergänzt wurde und aufgrund eines patentierten Werkhalterings auch besser vor Schlägen geschützt sein soll, der zusätzlich verwendete Weicheisenkäfig passt wiederum gut zum Hintergrund der Fliegerei.

Insgesamt sind sowohl Tragekomfort als auch Verarbeitung auf hohem Niveau. Letzt genanntes spiegelt sich indes auch klar im Listenpreis: knapp 6000 Dollar für die S2000 wird sich definitiv nur derjenige Interessent leisten wollen, der gleichermassen die bisherigen Leistungen der Marke als auch den Anblick der Uhr und deren Exklusivität zu schätzen weiss.

Apropos schätzen: für 45 mm trägt sich die S2000 erstaunlich kompakt; nichtsdestotrotz lohnt sich eine Anprobe der 43 mm grossen S500 im Vergleich zur S2000 gerade dann besonders, wenn der Handgelenksumfang etwas weniger mächtig ausfällt.

Die Bremont Boutique Mayfair an der 29 S Audley St, Mayfair, London W1K 2PE

Wer also noch einen Grund für einen Trip nach London sucht: die beiden Boutiquen in der englischen Metropole sind definitiv einen Besuch wert, und die Uhren sowieso.

Weitere Impressionen der S2000 (Grossansicht bei Klick):

Technische Daten:

Anbieter: Bremont Watch Company
Modell: Supermarine S2000
Referenz: S2000/BK (Version mit Kautschuk), S2000/BK1BR (Version mit Stahlband)
Gehäuse: mehrteiliges, 45 mm grosses Gehäuse aus gehärtetem Edelstahl (Mittelteil mit DLC) mit verschraubter Krone bei 2 Uhr und aufgeschraubtem Kronenschutz; integriertes Heliumventil bei 9 Uhr, massiver Schraubboden (mit der Gravur einer Supermarine S6.B), beidseitig entspiegeltes, leicht gewölbtes Saphirglas, einseitig drehbare Lünette (120 Klicks) mit Saphirglaseinlage, unterlegt mit Leuchtmasse; 2000 Meter Wasserdichtheit
Band: 22 mm Anstossbreite, Federstege, schwarzes Kautschukband mit Dornschliesse; alternativ Stahlband mit Faltschliesse
Zifferblatt: schwarzes Zifferblatt mit aufgesetzten Indexen und blauer Superluminova-Leuchtmasse
Werk: Kaliber BE-36AE mit Chronometer-Zertifikat, 25.6 mm Durchmesser, 5.05 mm Höhe, 25 Lagersteine, ca. 38 Stunden Gangreserve; Stunden-, Minuten-, Sekunden-, Wochentag- und Datumsanzeige (Basis ETA 2836-2); personalisierter Rotor und patentierter Werkhaltering mit verbesserten Eigenschaften zum Ausgleich von Schlägen und Vibrationen
Markteinführung: 2012
Varianten: mehrere Farbvarianten der S500 mit 43 mm Gehäuse und auf 500 Meter ausgelegter Wasserdichtheit, zusätzlich eine auf 100 Exemplare limitierte Version „Royal Navy Diver“ mit DLC-Gehäuse, eine limitierte „Royal Navy Clearance Diver II“ mit GMT-Zeiger im regulären Stahlgehäuse; sowie eine ebenfalls auf 100 Stück limitierte Version „North Sea“ und eine auf 350 Stück limitierte „Royal Marines Commando“ (alle 43 mm); die Auflage der mit DLC-Gehäuse ausgestatteten „Descent“ liegt bei 407 Stück
Preis: USD 5900.00 (Stand 2015)

Dieser Artikel wurde erstmals im Jahr 2015 publiziert. Im Jahr 2019 wurde eine überarbeitete Version der Uhr lanciert.